Als Ärztin eine Koryphäe, weiß, lesbisch und Jüdin, verweigert Ruth Wolff einem schwarzen Pater, das siebente Sakrament vorzunehmen. Autor Robert Icke vollführt einen trickreichen Identitätsdiskurs: Dem entfachten Shitstorm im Internet und einem öffentlichem Kreuzverhör entkommt die Ärztin, gespielt von Sara Sophie Mayer, nicht.
Diskussionen und Verweigerung
Dabei war das einziges Ziel der Ärztin, die Alzheimerforschung ihrer Klinik voranzutreiben, und sich nicht mit Diskussionen, die sie angeblich nichts angehen, herumzuschlagen. Eine Entschuldigung bleibt aus. Ihre zusehends sture Weigerung, sich einer Gruppe zuordnen zu lassen, erweist sich als zu selbstgerecht.
Sendungshinweis:
„Steiermark heute“, 9.12.2022
Gegengleiche Besetzung
Geht es hier um Religion, um Medizin, um Rassismus, um Sexismus? Ja, und noch viel mehr. Icke spitzt den Diskurs durch gegengleiche Besetzung noch einmal zu: Der schwarze Priester ist weiß, Männer spielen Frauen und umgekehrt.
„Um in unserer Gesellschaft wieder darüber nachzudenken, wie wir miteinander leben und wie wir andere bewerten, bevor wir sie kennen“, so Regisseurin Anne Mulleners. Eine leichte Verwirrung als garantierte Nebenwirkung scheint in „Die Ärztin“ durchaus beabsichtigt.