„Grazer Hexenjagd“ – Cover
emons Verlag
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Graz als Schauplatz einer Hexenjagd

Der Initiator und Kurator des alljährlich in Graz ausgetragenen „Fine Crime“ Krimifestivals, Robert Preis, hat mit „Grazer Hexenjagd“ einen neuen Roman veröffentlicht – und dieser könnte für so manch schlaflose Nacht sorgen.

„Das Schlimmste war die Panik vor dem Schmerz. Als sie realisierte, was soeben geschah, war es bereits zu spät. Der Schrei erstickte in ihren Lungenflügeln, die um jeden Atemzug kämpften. Die Schultern schmerzten, die Sehnen und Muskeln taten bereits höllisch weh. Ihr Atem wurde immer flacher und nur die Angst zu ersticken ließ sie vergessen, wie das aussehen musste. Vier Bäume, vier Seile. Ihr Körper, der gestreckt wie ein großes X in der Luft hing. Die Kleider in Fetzen vom Körper hängend. Und irgendwann würde sie die Kraft verlassen und der Kopf wieder zwischen die ausgestreckten Arme fallen. Eine Vierteilung wie in grauer Vorzeit.“

Diese Szene ist in dem Roman auf den Seiten neun und zehn zu lesen, aber schon auf der ersten Seite der „Grazer Hexenjagd“ ist klar: Das ist kein Liebesroman.

Eine scheinbar verwirrte Frau in der Polizeidirektion

In seinem achten Fall muss sich der schrullige, aber geniale Kriminalpolizist Armin Trost mit einem dunklen Kapitel der steirischen Geschichte auseinandersetzen. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden auch in der Steiermark viele Frauen der Zauberei beschuldigt und oft grausam gefoltert und getötet. Trotzdem glaubt Trost anfangs, dass es sich bei Esther Befana, die ihn in der Polizeidirektion zu sprechen verlangt, nur um eine verwirrte, vielleicht sogar geisteskranke Frau handelt.

„Grazer Hexenjagd“ – Cover
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„Ich bin das Opfer einer Folterung. Immer wieder fallen sie über mich her. Sie quetschen meine Daumen, legen mich auf Bänke, auf denen Eisenspitzen angebracht sind, und dann strecken sie mich. Die Torturen sind mannigfaltig und unvorhersehbar“, so Befana.

Schaurige Parallelen zu einem Mordfall

Dann wird der Polizist aber zu einem sehr realen Mordfall gerufen, und es tun sich plötzlich gruselige Zusammenhänge auf. „Trost verharrte und betrachtete den Tatort. Die Daumen des Toten waren mit einem Spannelement, wie man es als Zubehör für alte Werkbänke kennt, an den Tisch geschraubt. Die Finger darunter waren nicht dicker als die Montagszeitung. Der Körper war jedoch nach hinten gebeugt, der Kopf lag im Nacken. Es schien, als ob der Kiefer regelrecht aufgebrochen worden wäre. Etwas steckte im Mund der Leiche. ‚Eine Mundbirne‘, sagte Dietrich, der Trosts Blick richtig gedeutet hatte. Das Metallding wurde dem Opfer in den Mund gesteckt und dann aufgeschraubt, wodurch es sich gespreizt hat. Seine Kieferknochen sind gebrochen. Wie irrsinnig muss jemand sein, der so etwas tut?“

Sendungshinweis

„Guten Morgen, Steiermark“, 21.5.2023

Es folgt eine Mordserie

Als dann auch noch Esther Befana aus der Nervenklinik entwischt und weitere grausame Morde geschehen, ist endgültig Schluss mit lustig – vor allem auch, weil es scheint, dass auch Armin Trosts Familie in das unheimliche Geschehen hineingezogen wird.

„Grazer Hexenjagd“ von Robert Preis ist ein Paradebeispiel für das, was man im Fachjargon „Page Turner“ nennt: ein Buch, bei dem man nicht aufhören kann zu lesen. Der Roman bezieht seinen Reiz aber auch aus der Tatsache, dass man die Orte der Handlung – Graz, die Riegersburg, den Packer Stausee usw. – kennt – gerade steirischen Leserinnen und Lesern dürfte es daher noch leichter fallen, in die Welt des Armin Trost einzutauchen.