Martin Pilz
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Der letzte Bahnwärter der Steiermark

Wenn in Trautenfels der Zug durchbraust und die Autos vor dem Bahnschranken warten, dann hat er dafür gesorgt: Martin Pilz. Er ist der letzte Bahnwärter der Steiermark, der den Schranken händisch herunterkurbelt. Aber auch er muss bald weichen.

Mit der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung verschwinden Berufe, die einst nicht wegzudenken waren – wie zum Beispiel der des Bahnwärters, der für die Sicherung der Eisenbahnkreuzungen zuständig war. Im Ennstal hat sich eine solche vom Aussterben bedrohte Berufsspezies bisher gehalten.

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Große Verantwortung

Martin Pilz kurbelt und kurbelt im Halbstundentakt und das täglich 140 Mal: Er sichert die stark frequentierte Eisenbahnkreuzung in Trautenfels mit einer von Hand betriebenen Schrankenanlage. „Es ist ein einfacher Job, sage ich einmal. Aber was ich mache, muss zu 100 Prozent sitzen. Ich darf keinen Fehler machen. Da geht es um Menschenleben“, so Pilz.

Sendungshinweis

„Guten Morgen, Steiermark“, 15.11.2023

Viele Uhren

Erst wenn Martin Pilz in seinem denkmalgeschützten Wärterhäuschen am gusseisernen Telefon freie Fahrt gibt, können die Züge in Richtung Trautenfels losfahren. Den dichten Fahrplan hat der 54-Jährige längst verinnerlicht, und dennoch verlässt sich der gewissenhafte Bahnwärter in seiner technisch bescheidenen Schaltzentrale auf die Uhr: „Im Eisenbahnwesen ist die Uhr nach wie vor ein gewisses Heiligtum. Wir haben gleich mehrere Uhren, eine wird schon durchhalten“, so Pilz.

Bahnwärterhäuschen
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Bei jeder Witterung

Das gilt auch für den 54-Jährigen, der in seinem Zwölf-Stunden-Dienst an jedem Tag im Jahr und bei jeder Witterung rausmuss, um an vier Stellen die Bahnkreuzung zu sichern – da fährt der Zug drüber: „Wir hatten schon einige Situationen. Bei Gewittern oder bei Stürmen im Winter konnte ich mich manchmal gar nicht halten. Die siebeneinhalb Meter langen Schranken sind auch schon von Stürmen geknickt worden“, so Pilz.

Automatisierung kommt

Mittlerweile sind aber auch die Tage des letzten Bahnwärters der Steiermark und für sein Handwerk gezählt, denn im nächsten Jahr falle mit der Automatisierung der Ennstal-Bahnstrecke der letzte handbetriebene Bahnschranken, bestätigt ÖBB-Sprecherin Rosanna Zernatto: „Es ist ein Zeichen der Zeit, dass gewisse Bestandteile mit der Zeit gehen müssen.“

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Schranken im Garten

Damit die legendäre Institution nicht gänzlich aufs Abstellgleis kommt, baut der obersteirische Bahnwärter schon mal für die Zukunft vor: Mit einer Schrankenanlage im eigenen Garten – natürlich handbetrieben.