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Debütroman einer werdenden Zwillings-Mama

Eine Schwangerschaft ist immer eine Ausnahmesituation: Es gibt Unsicherheiten über das, was auf die werdenden Eltern zukommt – Veränderungen, die eine werdende Mama spürt. Wie es ist, mit Zwillingen schwanger zu sein, darüber schrieb eine gebürtige Grazerin ihren ersten Roman.

„Ich sehe zwei Fruchthöhlen“ stellte der Arzt beim Ultraschall in der sechsten Schwangerschaftswoche fest. In Tagebuchform schreibt Anna Katharina Laggner dann über ihre Schwangerschaft mit Zwillingen.

Alle wissen, wie man schwanger ist

„Ich konnte über diese Wesen, die sich mit mir dreiteilen werden, nichts wissen. Und ich war fasziniert von dem, was mein Körper kann. Und ich war andererseits etwas erstaunt und fassungslos, wie meine Umwelt mit mir umgeht und wie alle wissen, wie man sich als Schwangere fühlt, wie man sich schwanger zu verhalten hat und was man als Schwangere tun soll.“

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Anna Katharina Laggner hat immer schon geschrieben. Schreiben sei eine Notwendigkeit in ihrem Alltag, sagt die Autorin selbst: „Und das kann ich jedem Menschen nur empfehlen. Diese Entscheidung am Anfang: Möchte ich diese Schwangerschaft abbrechen oder nicht? Diese Entscheidung war unmöglich zu treffen und ich habe einfach alles aufgeschrieben, was mir durch den Kopf und durch den Bauch ging und was wir besprochen haben. Um einfach in ein paar Jahren zu wissen: So war diese Entscheidung damals und das habe ich alles aufgeschrieben, weil die Erinnerung ja trügerisch ist. Und dann habe ich weitergeschrieben, weil ich mir wirklich auch viel vom Laib schreiben musste.“

Romanfigur funktioniert etwas anders

Der Roman ist aus diesen privaten Aufzeichnungen entstanden – die literarische Figur, die über ihre Schwangerschaft reflektiert, funktioniert aber natürlich anders als ein realer Mensch, sagt Laggner. Die Entscheidung, den Roman zu schreiben, sei ihr leicht gefallen: "Ich habe relativ bald gemerkt, dass da was drinnen steckt, was mich für längere Zeit interessieren wird. Dann habe ich viel mehr gelesen über Schwangerschaftstheorien, habe in der Philosophie gesucht, in der Kunstgeschichte, in der Soziologie, habe mich sehr stark auch soziologisch mit diesen Fragen von „Was ist die Geschichte des Schwangerschaftsabbruchs" usw. beschäftigt. Und da habe ich gemerkt, okay, das ist für mich so interessant, dass ich mich damit durchaus jetzt ein paar Jahre beschäftigen will. So, dass am Ende etwas herauskommt, das eine Buchform hat.“

Sendungshinweis

„Guten Morgen, Steiermark“, 19.11.2023

Schwangerschaft als Allgemeingut

„Fremdlinge“ wird durchaus auch humorvoll, wenn die Autorin zum Beispiel darüber schreibt, wie eine Schwangere zum Allgemeingut wird – jeder/jede kann mitreden, hat wertvolle Tipps und viele greifen auch gern völlig distanzlos der Schwangeren auf den Bauch. Und dadurch, dass sie mit Zwillingen schwanger war, hat sich das noch überhöht: „Es gibt einen Verlust des Übersinnlichen in unserem Alltag. Es gibt zwar Esoterik und anderes, aber im Alltäglichen sind wir sehr faktisch und auf Zeit. Und die schwangere Frau ist doch irgendwie etwas Mystisches, etwas Mythisches. Immer noch. Viele schwangere Frauen haben auch wirklich so einen starken Schein und eine Schönheit. Und ich glaube, es hat wirklich auch etwas mit Handauflegen auch zu tun. Also ich empfand es natürlich als Übergriff, aber ich kann es mir auch ein bisschen anders erklären. Ich würde es selber nie tun. Nie. Und ich habe es auch nie getan.“