Kultur

„Schwabgasse 94“: Hommage an Werner Schwab

Das Grazer Schauspielhaus ehrt den Schriftsteller Werner Schwab mit einer Hommage. „Schwabgasse 94“ ist eine Collage aus Schwab-Texten und Figuren wie Hermann Wurm und seiner Mutter. Der Autor starb am Neujahrstag vor 30 Jahren nach einem kometenhaften Aufstieg.

Er war einer der pointiertesten, provokantesten und erfolgreichsten Dramatiker Österreichs und gleichzeitig einer der sensibelsten und verletzlichsten: Werner Schwab starb vor 30 Jahren in seiner Heimatstadt Graz an einer Alkoholvergiftung.

Ringen um das Künstlersein

„Schwabgasse 94“ handelt vom Ringen eines jungen Mannes um sein Künstlersein und erzählt damit gewissermaßen auch von Werner Schwabs eigenem Künstler-Ich. Der deutsche Regisseur David Bösch verwebt Teile aus den Stücken „Die Präsidentinnen“, „Volksvernichtung oder meine Leber ist sinnlos“ und „Mein Hundemund“ zu einer Art Traum – hier mischen sich viele Gedanken und Figuren, erweitert um kleinere Texte aus dem Nachlass von Schwab, die dessen Ex-Frau Ingeborg Orthofer dem Schauspielhaus zugänglich machte.

Schwabgasse 94 im Grazer Schauspielhaus
ORF

Dabei wurden Schwabs Texte anfangs von Verlagen und Theatern zurückgewiesen, auch das erzählt das Stück. 1991 dann der kometenhafte Aufstieg mit „Die Präsidentinnen“, es folgten 15 weitere Dramen. Schwab inszenierte sich selbst als Popstar der Literatur.

Am Höhepunkt seiner Karriere – am Neujahrstag 1994 – hauchte er durch eine Alkoholvergiftung sein Leben aus. Schauspieler Rudi Widerhofer war ein guter Bekannter und Wegbegleiter von Schwab: „Der Werner war ein steirischer Kraftmensch, und diese Kraft, die er gehabt hat, die drückt sich auch in seiner Kunst aus, und die hat aber auch vielleicht Mitschuld an seinem frühen Tod.“

Menschliche Abgründe freilegen

Es ist die pointierte, künstliche Sprache, die die Figuren Schwabs verbindet. Sie strotzt vor Kraftausdrücken und legt menschliche Abgründe frei. "Die Sprache, die ungewohnt klingt, man ist aber relativ schnell drinnen in der Sprache und kommt dann drauf, dass die Sprache dadurch, dass sie die normale Form der Sprache bricht, sind Möglichkeiten da, sehr kluge und philosophische Gedanken hineinzubringen, die man nicht gleich versteht, die aber nachwirken“, so Widerhofer.

Schwabgasse 94 im Grazer Schauspielhaus
ORF

Regisseur David Bösch, für seine pop-artigen, oft gleichermaßen radikalen wie poetischen Inszenierungen bekannt, verwebt die Schwab-Collage zu einer Art Traumsequenz. Auf der Drehbühne sind viele alte Möbel aufgebaut, eine Art Hausgemeinschaft, aus der die Schwab-Figuren auf- und abtreten; auch mit eigenen Songs aus Schwab-Zitaten versucht Bösch, einen Rhythmus für die lose Szenenfolge zu finden.

Zwischen Brutalität und Zartheit

Noch immer seien Schwabs Stücke zeitgemäß, betont Widerhofer: „Wenn man denkt, dass er mit dieser sehr eigenen Form, die er erfunden hat, die ihn als Künstler ausmacht, das ist er, da steckt seine Seele drinnen, andererseits steht er in der großen österreichischen Theatertradition. Werner Schwab bricht die gängige Form, und das ist in unserer Zeit unglaublich wichtig.“

Denn hinter der vordergründig brutalen Sprache liege eine Zartheit, die die Einsamkeit der Figuren – vielleicht auch jene von Schwab selbst – offenlege, so Widerhofer: „Extrem intensiv, so war er auch. Aber er war manchmal auch wieder sehr zart und sehr zurückgezogen und zärtlich eigentlich, auch im Gespräch oft eine Menschenliebe.“

Dieser Beitrag begleitet die Sendung „Steiermark heute“, ORF 2, 12. Jänner 2024.