„Der Nebel von Dybern“
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KULTUR

Aufführung mit 90 Jahren Verspätung

Die Uraufführung hätte eigentlich schon 1933 stattfinden sollen – doch erst jetzt ist am Grazer Schauspielhaus das Drama „Der Nebel von Dybern“ zu sehen: ein symbolistisches, allzeit aktuelles Stück über die Vertuschung einer Giftgaskatastrophe.

Lange sind Maria Lazars Theaterstücke und Romane in Vergessenheit geraten, seit ein paar Jahren werden sie aber von den Bühnen wieder entdeckt. Ihr Drama „Der Nebel von Dybern“ stand bereits 1933 auf dem Spielplan des Grazer Schauspielhauses – aufgrund des brisanten Inhalts und Lazars jüdischer Herkunft wurde es damals aber gestrichen.

Als Wienerin jüdischer Herkunft ging Lazar 1933 ins schwedische Exil, die Nazis verbannten ihre Stücke von den Bühnen. Fast hundert Jahre später lässt Regisseurin Johanna Wehner die damals nur angedeutete Bedrohung symbolisch bestehen: „Mich interessiert, was ein Fall, eine Katastrophe, eine Schieflage mit der Gesellschaft macht.“

Aufkommender Nationalsozialismus porträtiert

Ein seltsamer Nebel bedroht das Dorf Dybern und seine Bewohner – als Menschen sterben, steht der Verdacht im Raum, dass es sich um Giftgas handeln könnte. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges beschrieb Maria Lazar im Jahr 1931 eine diffus herannahende Bedrohung – und porträtierte damit auch das gesellschaftliche Klima des aufkommenden Nationalsozialismus.

„Der Nebel von Dybern“
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Nicht nur Umwelt und Menschenleben stehen in dem Stück auf dem Spiel, sondern auch demokratische Werte

Barbara etwa, gespielt von Marielle Layher, versucht herauszufinden, was wirklich passiert ist: „Dadurch beginnt auch eine Art der Radikalisierung und der Emanzipation aus diesen patriarchalen Strukturen.“ Ihr Mann Josef hingegen will an Gewohntem festhalten: „Für Josef ist ein Erhalt von Normalität wichtig. Dass das irgendwie in einem kontrollierbaren Rahmen gehalten wird“, so Mario Lopatta, der die Rolle spielt.

Der Nebel als Metapher

Maria Lazar seziert den Umgang mit menschengemachten Katastrophen – nicht nur Umwelt und Menschenleben stehen hier auf dem Spiel, sondern auch demokratische Werte. „Der Nebel kann eine Metapher sein. Ich habe zwischendurch gedacht: Meint sie überhaupt ein Naturphänomen, oder meint sie eine sich verändernde Gesinnung?“, so die Regisseurin.

„Der Nebel von Dybern“ am Grazer Schauspielhaus – ein symbolstarkes Drama, in dem auf vielen Ebenen aktuelle Bezüge mitschwingen.

Dieser Beitrag begleitet die Sendung „Der Tag in der Steiermark“, Radio Steiermark, 8. Februar 2024.