Im Grazer Literaturhaus wurde das Gesamtwerk des Literaten im Rahmen einer Lesung des Schauspielers Johannes Silberschneider präsentiert. Der Grazer las etwa aus dem 1930 verfassten Roman „Der ewige Spießer“ – eine Gesellschaftsstudie rund um Alfons Kobler und weitere Protagonisten, die ihr wahres Ich und vor allem ihre charakterlichen Schwächen gekonnt voreinander verbergen.
Von ersten Entwürfen bis zur Endfassung
In 19 Bänden wurde das Werk von Horvath zusammengefasst, so der Herausgeber und Leiter des Franz-Nabl-Institutes, Klaus Kastberger: „Es ist eine historisch-kritische Ausgabe, und das heißt, dass nicht nur die endgültigen Fassungen, sondern auch die ganzen Materialien der Entstehung publiziert und ediert werden. Das reicht von ersten handschriftlichen Entwürfen über Zwischenstufen über vielfach geschnittenes Material bis zur Endfassung der Texte.“
Scans als Grundlage
Rund zwei Jahrzehnte hat der Germanist mit seinem Team an dem monumentalen Literaturwerk gearbeitet – sind doch auch Fotos, Briefe, Zeichnungen und viele Lebensdokumente aus dem Nachlass des 1901 als Sohn eines österreichisch-ungarischen Diplomaten geborenen Autors dokumentiert. „Unsere Grundlage der Arbeit war immer, dass wir eine große Zahl an Scans bekommen haben von der Österreichischen Nationalbibliothek und der Wien Bibliothek im Rathaus, die den Nachlass Horvaths verwahren. Und die haben uns diese Scans der Manuskriptblätter zur Verfügung gestellt. Und anhand dieser Scans konnten wir dann unsere Transkriptionen, diplomatische Transkriptionen herstellen, die in den Bänden dann publiziert worden sind“, so Nicole Streiterl-Kastberger vom Institut für Literaturforschung.
Klaus Kastberger spricht von einer großen Ehre: „So eine große, umfangreiche historisch-kritische Ausgabe zu bekommen, wird eigentlich nur den allerbesten Autoren und Autorinnen zuteil. Und bei Horvath hat sich gezeigt, dass diese Ausgabe mit all diesen Differenzierungen und diesen Einblicken in den Arbeitsprozess eben nicht nur für die Literaturwissenschaft, sondern auch für die Theaterwelt von besonderer Bedeutung ist.“
Kurze, aber intensive Schaffenszeit
1938 ist Ödön von Horvath im Alter von 37 Jahren verunglückt – durch einen herabfallenden Ast bei einem Unwetter in Paris. Trotz der kurzen Schaffenszeit zähle er heute zu den wichtigsten Literaten und vor allem auch Theaterautoren im deutschsprachigen Raum, so Kastberger: „Natürlich ist er ein eminent politischer Autor, aber nicht parteipolitisch, sondern Politik als ständige Herausforderung.“
Dieser Beitrag begleitet die Sendung „Der Tag in der Steiermark“, Radio Steiermark, 19.3.2024.