Marion B., Stefanie Z., Rechtsanwältin Karin Prutsch, Bianca F., Claudia K. anlässlich einer Pressekonferenz mit dem Thema „Strafverfahren gegen drei Hebammen des Diakonissenkrankenhauses Schladming“ in Graz.
APA/Ingrid Kornberger
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Chronik

Geburtstation Schladming: Mütter klagen an

Im Diakonissenkrankenhaus Schladming sollen fünf Geburten unsachgemäß abgelaufen sein – mit schwerwiegenden Folgen. Nun gingen die betroffenen Mütter mit erschütternden Details an die Öffentlichkeit.

Bei fünf Geburten zwischen 2010 und 2014 gab es am Diakonissenkrankenhaus in Schladming schwere Komplikationen: Ein Neugeborenes starb an den Folgen von Sauerstoffmangel, ein Kind ist seitdem schwerst behindert, und auch die Frauen leiden heute noch an den Vorgängen, die ihnen damals widerfuhren. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen drei Hebammen, einen Gynäkologen sowie auch gegen das Krankenhaus ein Strafverfahren ein – mehr dazu in Unsachgemäße Geburten: Anklage.

Vier der fünf betroffenen Frauen traten am Donnerstag gemeinsam mit der Grazer Rechtsanwältin Karin Prutsch an die Öffentlichkeit – unter Weinkrämpfen erzählten sie von ihren Schicksalen. Grundsätzlich geht es in allen Fällen um einen Vorwurf: Bei den Geburten war laut Prutsch kein Facharzt anwesend, sondern nur eine Hebamme, obwohl reine Hebammengeburten nicht zulässig sind. In allen Fällen sei die Geburt zu spät eingeleitet worden – die Folge: akute Sauerstoffunterversorgung.

„Die Hebamme ist einfach weggegangen“

Der erste Fall ereignete sich 2010: Stefanie Z. – die Frauen wollen nicht mit dem vollen Namen genannt werden – wurde in das Diakonissenkrankenhaus Schladming gebracht, um dort zu entbinden. Es kam zu Komplikationen: „Die Vanessa, als sie auf der Welt war, wurde mir auf die Brust gelegt, war komplett blau, hat alles hängen lassen, Arme und Beine, es wurde aber nichts gemacht – die Hebamme ist einfach weggegangen“, so Stefanie Z.. Ihre Tochter ist von Geburt an schwerst behindert, hat Pflegestufe sieben.

„Unsere Tochter ist tot“

Im Fall von Marion B. war 2014 bei der Geburt ebenfalls nur eine Hebamme und kein Facharzt anwesend, ihr Baby kam klinisch tot zur Welt. Die Hebamme soll den diensthabenden Gynäkologen zu spät gerufen haben – als er eintraf, war das Baby schon eine Stunde klinisch tot; das Kind wurde reanimiert, starb aber zwei Wochen später.

Unsachgemäße Geburten: Anklage

Gegen drei Hebammen, einen Gynäkologen und das Diakonissenkrankenhaus Schladming ist Anklage erhoben worden.

In diesen beiden Fällen hat Rechtsanwältin Prutsch zivilrechtlich geklagt, „und in dem Fall, wo das Baby verstorben ist, hat die Kindesmutter 35.000 Euro erhalten als Entschädigung – das ist natürlich keine Entschädigung für ein Leben, aber das, was in der österreichischen Judikatur in einem solchen Fall bezahlt wird. Im zweiten Fall hat das Baby eine schwere Gesundheitsschädigung und muss ein Leben lang gepflegt werden, hier haben wir 460.000 Euro bekommen.“ Für Marion B. hat das alles keine Bedeutung mehr: „Unsere Tochter ist tot, und es ist auch egal, ob du ein Zivilverfahren hast oder das Geld.“

„Die Geburtenstation ist jetzt gut aufgestellt“

Auf ein Wort der Entschuldigung vom Diakonissenkrankenhaus Schladming warten die Frauen laut Rechtsanwältin Prutsch noch heute. Der ärztliche Leiter des Krankenhauses, Karl Wohak, sagte, er wolle aufgrund des laufenden Strafverfahrens zu diesen Fällen keine Auskunft geben, allerdings habe man reagiert: Es gebe nun vier statt zwei Fachärzte für Gynäkologie und Geburtenhilfe in Schladming.

„Man hat mit der Behörde die Vorfälle nach 2014 aufgearbeitet, und im Rahmen eines Bescheides hat man ein Konstrukt geschaffen, das die Geburtshilfe völlig neu darstellt. Diese Bescheidauflagen wurden auch regelmäßig vonseiten der Behörde überprüft und immer in allen Fällen für in Ordnung befunden. Die Geburtenstation ist jetzt gut aufgestellt, es gab seit 2015 auch keine geburtshilflichen Komplikationen mehr“, so Wohak.

„Organsiationsverschulden wird bestritten“

Was die Fälle betrifft, sei man weiterhin um lückenlose Aufklärung bemüht, heißt es außerdem in einer Aussendung des Diakonissenkrankenhauses, und weiter: „Ein Organisationsverschulden seitens der Klinik für diese bedauerlichen Einzelfälle wird nach wie vor bestritten.“