Politik

„Gewaltschutzpaket ist unausgereift“

Das von ÖVP und FPÖ geplante Gewaltschutzpaket soll – für viele überraschend – noch vor der Nationalratswahl im September beschlossen werden. Die Gewaltschutzzentren fordern eine Überarbeitung des Pakets, das noch nicht ganz ausgereift sei.

Das Gewaltschutzpaket enthalte viele Verbesserungen, aber auch vorschnelle unausgereifte Entwürfe, sagt Marina Sorgo, Bundesverbandsvorsitzende der Gewaltschutzzentren Österreichs. Die Leiterin des Gewaltschutzzentrums Steiermark kritisiert vor allem die geplante Strafverschärfung und die Täterberatungszentren bei Wegweisungen.

Gefährder sollen nicht selbst bezahlen müssen

Diese Beratungseinrichtung für weggewiesene Gefährder soll „Gewaltpräventionszentrum“ heißen. Hier könne es zu Verwechslungen mit dem Gewaltschutzzentrum kommen, in dem die Opfer betreut werden. Die Gefährder sollen laut dem Gesetzesentwurf für diese Beratung auch selbst bezahlen, so Sorgo: „Es kann sein, dass Betroffene – aber auch Nachbarn – dann nicht die Polizei rufen, weil sie nicht schuld sein wollen, wenn die Familie auch noch etwas dafür bezahlen muss.“

Vermehrte Freisprüche befürchtet

Auch bei geplanten Strafverschärfungen fürchten die Gewaltschutzzentren, dass sich Frauen aus Angst vor den Folgen vermehrt scheuen, die Gewalttaten anzuzeigen. Auch im Fall eines Strafprozesses seien die höheren Strafen nicht sinnvoll, meint Karin Gölly, Rechtsdelegierte der Gewaltschutzzentren: „Bei der Vergewaltigung beispielsweise haben wir jetzt eine Mindeststrafdrohung von einem Jahr. Das soll verdoppelt werden. Wir haben einfach die Sorge, dass es in Zukunft Freisprüche geben könnte, bevor Richter und Richterinnen eine in ihren Augen unverhältnismäßig hohe Strafe verhängen.“

Überarbeitung des Pakets gefordert

Auch aus der Sicht der Täterarbeit seien verschärfte Strafen nicht zielführend, sagt Susanne Pekler, Leiterin von Neustart Steiermark: „Niemand überlegt sich, wenn er eine Straftat begeht, ob da die Strafandrohung von zwei oder drei Jahren steht. Bei zwei Jahren mache ich es, bei drei Jahren begehe ich die Tat nicht. So funktioniert Prävention nicht. Was wirklich wirkt, sind die Arbeit mit den Gefährdern, sozialarbeiterische Arbeit, Anti-Gewalt-Trainings und nicht überlange Haftdauern.“ Die Gewaltschutzzentren fordern nun, das Gewaltschutzpaket noch einmal zu überarbeiten und nicht vorschnell noch vor der Nationalratswahl zu beschließen.