Grazer Anwalt Ronald Frühwirth
Wilfried Mörtl
Wilfried Mörtl
Politik

Grazer Asyl-Anwalt gibt auf

Er gehört zu den engagiertesten Asyl-Anwälten des Landes: Der Grazer Rechtsanwalt Ronald Frühwirth. Jetzt schließt er seine Kanzlei und begründet das damit, dass er nicht mehr an den Rechts-Staat glaube.

14 Jahre lang waren der Anwalt und seine Kanzlei Anlaufstelle für schwierige Asylfälle. Doch in den letzten Jahren haben immer mehr Asylwerber vor den Höchstgerichten keinen juristischen Schutz mehr bekommen, so der Anwalt, der dabei durchaus politische Motive ortet. Die derzeitige Rechtsprechung mache es ihm unmöglich, weiter zu arbeiten, sagt Frühwirth im ORF Interview.

Er könne für seine Klientinnen und Klienten nichts mehr erreichen, sagt Rechtsanwalt Ronald Frühwirth. Zu viele seiner Klienten, die seiner Meinung nach Anspruch auf Schutz gehabt hätten, wurden dennoch außer Landes verwiesen. Die Urteile dafür werden von den Gerichten schriftlich verschickt. Erklären müssen das dann aber die Anwälte. Er könne kein Rechtssystem erklären, an das er selbst nicht mehr glaube, so der Anwalt.

Formalitäten werden immer komplizierter

Es sei immer schwieriger geworden, Fälle zu gewinnen, was aber nichts mit dem Recht auf Schutz an sich zu tun habe. Es gehe um Formalitäten. In der Praxis heißt das: Ein Asylwerber bekommt einen Bescheid vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, kurz BFA. Ist der Bescheid negativ, kann der Asylwerber zum Bundesverwaltungsgericht gehen. Laut Statistik hebt dieses Gericht jede zweite Entscheidung des BFA auch tatsächlich auf.

Revision wird zu „Geheimwissenschaft“

Bekommt man auch dort nicht Recht und will sich gegen das Urteil wehren, dann ist man auf die Höchstgerichte angewiesen, in dem Fall auf den Verwaltungsgerichtshof. Und dieser fahre in den Berufungsverfahren seit einigen Jahren eine restriktive Linie, so Frühwith. Es sei unmöglich geworden, eine Revision zu verfassen, die die formale Hürde erreicht, zugelassen zu werden. Immer wieder finde der Verwaltungsgerichtshof Aspekte, die nicht erfüllt seien, kritisiert der Anwalt. Und das passiere am laufenden Band.

Trotz ständiger Weiterbildung kein Erfolg

Wenn man einen noch so guten Fall beim Bundesverwaltungsgericht verloren hat, kann man nicht mehr davon ausgehen, dass man seinen Anspruch beim Höchstgericht durchsetzen kann, wenn er auch noch so gut begründet ist. Obwohl seine Kanzlei spezialisiert auf Revisionen und Beschwerden gewesen sei, sagt Frühwirth, und immer wieder dazugelernt, neue Schlüsse gezogen habe, habe das beim Verwaltungsgerichtshof nicht mehr funktioniert.

Es gehe um Menschenleben, nicht um Parkstrafen

Immerhin gehe es nicht um eine Revision einer Parkstrafe, sondern um die Abschiebung eines Menschen. Der Verwaltungsgerichtshof verweigere die inhaltliche Auseinandersetzung, weil er sich auf den inhaltlichen Standpunkt zurückziehe. Das sei erschütternd. Die Politik musste auf diese Praxis gar keinen Einfluss nehmen, ist der Anwalt überzeugt. Das Asylgesetz sei seit Jahren nicht geändert worden. Schwarz-blau habe nichts getan, hatten es nicht mal nötig, weil der VWGH von sich aus alle paar Monate neue Judikaturaspekte gebracht hat, die jedes Mal zu dramatischen Einschnitten in der Praxis geführt haben.

„Verwaltungsgerichtshof betreibt Rechtspolitik“

Frühwirth ortet dahinter entweder vorauseilenden Gehorsam oder überhaupt eine eigene Linie des Verwaltungsgerichtshofs, die allerdings keine rechtlich begründete Linie sei, sondern seiner Meinung nach eine politisch Begründete. Es sei die Frage, ob es Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofs sei, Rechtspolitik zu betreiben, äußert Frühwirt seine Bedenken.