Kuh, Milchflaschen
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
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Landwirtschaft

Ennstal Milch soll Marktstellung missbrauchen

Der Milchbauern-Verein IG-Milch wirft der Ennstal Milch vor, ihre marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen, um den Wettbewerb durch Direktvermarktung auszuschalten. Die Ennstal Milch wiederum fordert neue Regeln für die Direktvermarktung.

Stein des Anstoßes ist ein Rundschreiben der Ennstal Milch, in dem den Milchbauern Preisabschläge angedroht werden, wenn die von ihnen angelieferten Milchmengen zu stark von den vereinbarten Mengen abweichen.

Konkret heißt es in dem Rundschreiben unter anderem:

  • "…1. Regelmäßigkeit der Anlieferung: Anlieferungen in einem Monat unter 50 % der Höchstanlieferung des entsprechenden Monats werden als Unregelmäßigkeit eingestuft. In solchen Fällen wird ein Abzug von 5 ct/kg auf die gesamte Monatsmenge durchgeführt.
  • 2. Höchstmenge für die Direktvermarktung: Es dürfen max. 60.000 kg Milch (ab 80.000 kg Maßnahmen) verarbeitet werden. Wird diese Höchstmenge überschritten, erfolgt als Maßnahme ein Abzug von 10 ct/kg auf die gesamte Jahresmenge (wurde bereits ein Abzug für unregelmäßige Lieferung einbehalten wird dieser gegenverrechnet). Auch die Feststellung der verarbeiteten Milchmenge wird gemeinsam durch die Hofberater mit dem Lieferanten getroffen. …"

„Ennstal Milch stellt sich aktiv gegen Direktvermarkter“

Laut IG-Milch-Obmann Ewald Grünzweil und Ernst Halbmayr, Projektleiter von „A faire Milch“, stellt sich die Ennstal Milch durch diese Anforderungen, die mit 1. Oktober in Kraft treten sollen, aktiv gegen Direktvermarkter. Ennstal Milch hat 700 Zulieferer, darunter 15 Direktvermarkter, von denen keiner von der 60.000-kg-Milch-Marke betroffen sei.

Ein Vollerwerbsbauer liefert zwischen 200.000 und 300.000 Liter pro Jahr, nur rund 20 Prozent dürfen der neuen Regelung zufolge für Direktvermarktung verwendet werden. Dabei steige die Kundennachfrage nach regionalen Produkten und Direktvermarktung, so Halbmayr: „Hier geht es nicht um einen wirtschaftlichen Gewinn, sondern Demütigung und Strafe.“ Durch diese Regelungen solle Wettbewerb verhindert und ausgeschaltet werden, so der Projektleiter von „A faire Milch“.

Rechtliche Klärung

Jedenfalls sorge das Schreiben der Ennstal Milch für Unsicherheit unter den Bauern, schildert auch Peter Kettner von der Landwirtschaftskammer Liezen: „Das wirkt natürlich negativ bei den Bauern, und es löst Unmut aus. Es muss in der Region Innovation und Direktvermarktung ihren Platz haben, das zeichnet die Region aus, und ich hoffe, dass wir da einen guten Weg zusammenbringen.“

Durch die Anzeige bei der Wettbewerbsbehörde wolle man nun eine Klärung herbeiführen, ob die Vorgangsweise der Ennstal Milch rechtlich zulässig sei. Wenn dem so wäre, könnten sie auch von anderen Molkereien übernommen werden, befürchtet die IG-Milch.

Ennstal Milch pocht auf Regeln zur Direktvermarktung

Die Ennstal Milch wiederum wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Klar ist, dass die Ennstal Milch sich weder gegen die Direktvermarkter stellt, noch die Regionalentwicklung behindern will“, allerdings seien Regeln zur Direktvermarktung notwendig.

Diese würden beinhalten, dass gröbere Schwankungen der angelieferten Milchmenge zu vermeiden seien. Schwanken die angelieferten Milchmengen bei Direktvermarktern im Monat um mehr als 50 Prozent, entspreche das keiner regelmäßigen Milchanlieferung. „Liefern nun immer mehr Bauern sehr unregelmäßig ihre Milch an, stellt das für die Planung der Ennstal Milch ein Problem dar“, stellt die Molkerei klar – sie muss als größter Weichkäsehersteller Österreichs liefern, was mit den Abnehmern fix vereinbart ist; schwankt die Milchmenge, rennt auch die Produktion mit 300 Mitarbeitern nicht rund.

Zahlreiche Ausnahmen

Betriebe, die Schulmilch liefern, seien ausgeschlossen, so die Ennstal Milch, auch die Verwendung für den Eigenverbrauch sowie Almmilch seien von dieser Regelung nicht betroffen. Die Ausnahmen spricht auch der Obmann der Landgenossenschaft Ennstal, Hermann Schachner, an: „Da haben wir von Beginn an gesagt, man schaut sich das mit den Hofberatern an, damit alle zurecht kommen, ohne Strafzahlungen – das ist derart künstlich aufgeblasen.“

Am Montag wollen sich alle Betroffenen an einen Tisch setzen: Direktvermarkter ebenso wie die Verantwortlichen der Molkerei und deren Eigentümer, der Landgenossenschaft Ennstal – die übrigens aus Milchbauern besteht.