Frau tippt mit Finger auf ein Smartphone
ORF.at/Zita Klimek
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Soziales

Sechs Jahre Grazer „Männernotruf“

Seit sechs Jahren gibt es in der Steiermark den so genannten „Männernotruf“. Laut ihrem Gründer Eduard Hamedl verhinderte die Krisenhotline in dieser Zeit bereits zahlreiche Gewaltdelikte und auch Selbstmorde.

„Man sollte auch zugeben, dass Männer auch schwach sein dürfen, dass es weh tut, wenn man verlassen wird, die Obsorge der Kinder entzogen wird oder man mit der Frau nicht zurechtkommt“, so Hamedl, der anlässlich des Fünffachmords in Kitzbühel am Sonntag, bei dem eine ganze Familie und ein junger Oberösterreicher getötet wurden – mehr dazu in Fünffachmord: Untersuchungshaft beantragt (tirol.orf.at) – im ORF Steiermark zu Gast war.

Alltagsprobleme und akute Krisen

Es sind hauptsächlich Beziehungsprobleme, Obsorgestreitigkeiten, Einsamkeit, Mobbing oder Wegweisungen, die Männer verzweifeln lassen, sagt Eduard Hamedl, Ex-Polizist und Spezialist für Verhandlungen bei Geiselnahmen, Erpressungen, Entführungen oder auch Selbstmordandrohungen: „Es gibt Alltagsprobleme, die an uns herangetragen werden, aber es gibt auch akute Krisen bei den Männern und bei den Frauen, und so ist es gekommen, dass wir in dieser Zeit 15 Suizide verhindern konnten, aber auch einen Banküberfall sowie einen Amoklauf“, sagt Hamedl.

„Männernotruf“
Der „Männernotruf“ hat die Nummer 0800 246 247 und ist rund um die Uhr, anonym und kostenlos zu erreichen.

Soll präventiv wirken

Der „Männernotruf“ soll in erster Linie präventiv wirken: „Ein Grund, warum ich den ‚Männernotruf‘ gegründet habe, war, dass ich in meiner Polizeizeit zu Gewalttaten gekommen bin, auch zu einem Mord, wo sich bei der Einvernahme herausgestellt hat, er hätte einfach jemanden zum Reden gebraucht – aber es war niemand da, er war mit seinen Problemen auf sich gestellt.“

„Auch als Mann darf ich mir Hilfe holen“

Hochqualifizierte Männer – unter ihnen Psychologen, Lebensberater, Sozialarbeiter oder Polizeiverhandler – besetzen den „Männernotruf“ ehrenamtlich. „Wir sind rund um die Uhr erreichbar. Und ich glaube, es ist ein Phänomen entstanden: OK, auch als Mann darf ich mir Hilfe holen.“

Der „Männernotruf“ mit Sitz in Graz ist einzigartig in Österreich und wird von Männern aus allen Bundesländern in Anspruch genommen: „Es ist sogar passiert, dass ein Mann aus Norddeutschland angerufen hat, der gesagt hat, ‚Meine Mutter wohnt in Wien, die hat gesagt, ruf da an, weil ich gerade große Probleme habe‘. Ähnlich war es bei einem Beziehungsproblem eines Mannes aus Südtirol – der hat uns auch angerufen“, so Hamedl.

Kostenlos und anonym

Der Anruf beim „Männernotruf“ ist kostenlos und anonym, das Anliegen wird vertraulich behandelt. Neu sei ein eigenes, sogenanntes Interventionsteam des „Männernotrufs“, das im Notfall Menschen vor Ort persönlich Hilfe anbietet.