Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Chronik

Mordversuch an Ehefrau: 20 Jahre Haft

Der erste von drei Mordversuchsprozessen in dieser Woche in Graz hat mit einem Schuldspruch geendet: Ein 38-Jähriger hatte im Juni in Gralla seine Ehefrau durch 15 Messerstiche verletzt. Das Urteil: 20 Jahre Haft.

Der Iraker lebte in Deutschland, seine Ehefrau und seine zwei Kinder waren in der Heimat geblieben; 2015 kam die Frau nach, doch der Angeklagte hatte schon bald eine neue Gefährtin – mit ihr bekam er auch zwei Kinder, wovon die Ehefrau nichts wissen durfte. „Da war der Eklat schon vorprogrammiert“, bemerkte die Richterin am Montag. „Er hatte Angst, dass sein Doppelleben auffliegt, daher schmiedete er den Mordplan“, war der Staatsanwalt überzeugt.

„Ich wollte nur meine Töchter schützen“

Er erzählte, dass der Beschuldigte mit der Familie nach Zagreb fuhr und auf dem Rückweg seine Frau in Gralla in einen Wald lockte. Dort soll er ihr 15 Stiche in Hals, Oberkörper und Beine versetzt haben. Als er merkte, dass sie nur leicht verletzt war, „wollte er ihr den Hals umdrehen“, meinte der Ankläger. Doch auch das misslang, also kehrte das Paar zum Auto zurück. Zuvor soll der Mann noch gedroht haben, wenn sie reden würde, würde er dafür sorgen, dass Freunde sie töten würden – mehr dazu in Ehefrau mit 15 Messerstichen verletzt (4.6.2019)

„Ich wollte sie nicht verletzen“, sagte der 38-Jährige am Montag. „Warum tun Sie es dann?“, fragte die Richterin. „Ich weiß nicht, wie das passiert ist, ich wollte nur meine Töchter schützen“, rechtfertigte sich der Angeklagte. „Die waren im Auto, die waren nicht in Gefahr“, antwortete die Richterin. „Ich habe das Messer nur gezückt, damit sie Angst bekommt und sich mir nicht nähert“, lautete eine der Erklärungen des Mannes.

„Ich verstehe die Frage nicht“

Dass er auf seine Frau eingestochen habe, wollte er so nicht bestätigen. Auf jede konkrete Frage kamen endlose Geschichten über die Beziehung, ihre angebliche Bösartigkeit und das gute Verhältnis zu seinen Kindern. „Was haben Sie gedacht, was passiert, wenn Sie auf eine Frau 15 Mal einstechen?“, fragte der beisitzende Richter. „Ich verstehe die Frage nicht“, kam die Antwort.

Diskussionen um Lebensgefährtin

Im Saal befand sich zunächst auch die neue Lebensgefährtin des Irakers samt einjährigem Sohn – das Kind weinte, doch die Frau wollte auch auf Aufforderung durch die Richterin den Saal zunächst nicht verlassen. „Das Kind ist krank“, sagte sie. „Umso mehr gehört es ins Bett und nicht in einen Verhandlungssaal“, bemerkte die Vorsitzende.

Nach der Pause saß die Lebensgefährtin des Angeklagten wieder im Saal – erneut kam es zu einer minutenlangen Diskussion, bis die Richterin dann etwas deutlicher wurde und die Frau konkret aufforderte, endlich zu gehen. „Ich bin 15 Stunden mit dem Zug gefahren, nur um ihn zu sehen“, sagte die Frau, bevor sie den Saal verließ. Das war offenbar dem Angeklagten unangenehm, der sich für das Verhalten der Frau entschuldigte.

Urteil nicht rechtskräftig

Die Geschworenen befanden, dass es sich bei der Tat um einen versuchten Mord gehandelt hatte; dazu kam noch versuchte schwere Nötigung wegen der Aufforderung an die Ehefrau, niemandem zu sagen, was wirklich passiert sei. Der 38-Jährige wurde zu einer Haftstrafe von 20 Jahren verurteilt, weder Staatsanwalt noch Verteidigung gaben eine Erklärung ab – das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Drei Messerattacken an Frauen vor Gericht

Der Prozess gegen den Iraker war nur der erste von drei ganz ähnlichen Prozessen in dieser Woche in Graz: Dreimal geht es um Mordversuche, dreimal um Messerattacken von Männern auf ihre eigenen Frauen – und alle dreimal entkamen die Frauen nur knapp dem Tod.

Wie beim 38-Jährigen war Gralla nur zwei Wochen später wieder Tatort einer Bluttat gegen eine Frau: Dabei stach ein Steirer auf seine 47-jährige Ex-Frau ein. Die Frau konnte – lebensgefährlich verletzt – flüchten und wurde nur durch eine Notoperation gerettet – mehr dazu in Mann stach mit Messer auf Ex-Frau ein (17.6.2019).

Am Dienstag, Mittwoch und Freitag steht schließlich auch noch ein 31 Jahre alter Mann vor einem Schwurgericht: Ihm wird vorgeworfen, im April beim Grazer Hauptbahnhof auf offener Straße versucht zu haben, seine Frau zu töten, nachdem er sie mehrfach zu Boden gestoßen haben soll. Der Mann stach mit einem mitgebrachten Fleischermesser auf die Frau ein – Passanten hielten den Täter fest und retteten der Frau so vermutlich das Leben. Der 31-Jährige muss sich nun ebenfalls wegen versuchten Mordes vor einem Geschworenengericht verantworten.