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APA/Hans Klaus Techt
APA/Hans Klaus Techt
Politik

Regierungsprogramm: Zustimmung und Kritik

Das über 300 Seiten starke türkis-grüne Regierungsabkommen stößt bei steirischen Polit-, Wirtschafts- und Klimaexperten auf viel Zustimmung – Kritik kommt aber in Richtung der Umsetzung: Es sei da noch vieles offen, heißt es.

Am Donnerstag präsentierten die Parteichefs von ÖVP und Grünen nach mehr als 100 Tagen Verhandlung ihr gemeinsames Regierungsprogramm: Auf mehr als 300 Seiten skizzieren die künftigen Regierungsparteien darin ihre Vorhaben für die kommenden fünf Jahre. Wenngleich die künftigen Regierungsparteien nicht überall gleich ins Detail gehen und bisweilen gilt: je größer die Aufgabe, desto vager die Pläne – mehr dazu in Die großen Brocken für die Koalition (news.ORF.at).

„Große Herausforderungen“

Vor allem jene Punkte im Regierungsprogramm, die die Finanzpolitik und Klimaschutzmaßnahmen betreffen, sorgen bei so manchem Experten für Nachdenklichkeit. Der Grazer Wirtschaftswissenschaftler Michael Steiner etwa findet viel Sinnvolles und nennt die geplante Abgabensenkung sowie die standortpolitisch wichtige Senkung der Körperschaftssteuer. Das generelle Vorhaben, das Steuersystem zu öko-sozialisieren, so Steiner, werfe aber viele Fragen auf: „Hier geht es darum, nicht nur beispielsweise Flugticketabgaben einzuheben, hier geht es nicht nur um die Ökologisierung der Lkw-Maut, sondern vor allem um die Frage einer CO2-Abgabe – das sind die großen Herausforderungen.“

Offen sei auch, so Wirtschaftsforscher Steiner, wie geplante Einzelmaßnahmen – zum Beispiel das Öffi-Österreich-Ticket – finanziert und umgesetzt werden: „Das ist ja auch immer eine Gemeinschaftsaufgabe der Körperschaft – da ist auch nachzufragen, wie wird hier der Kompromiss auf den unterschiedlichen Ebenen der Politik geschaffen.“

„Politische Kunst“

Ambitioniert, aber wenig konkret: So beurteilt der Politikwissenschaftler Heinz Wassermann von der FH Joanneum das vorliegende Regierungsprogramm. Auch er sieht vor allem Kostenfragen derzeit weitgehend ungelöst: „Es ist zum Beispiel die Öffi-Milliarde bzw. wenn man es genau liest, sollten das ja zwei Öffi-Milliarden sein. Was Budgetpolitik bzw. Steuerpolitik betrifft, sollen die Einkommenssteuertarife zweimal um fünf Prozentpunkte und einmal um zwei Prozentpunkte abgesenkt werden, gleichzeitig gibt es das Bekenntnis zu einem ausgeglichenen Staatshaushalt zumindest über den Budgetzyklus hinweg. Das wird dann schon politische Kunst werden, das alles unter einen Hut zu bringen.“

Was jetzt vorliege, seien Absichtserklärungen, sagt Heinz Wassermann. Wirtschaftsexperte Steiner spricht von sinnvollen Zielvorgaben – die Frage sei, was davon wie in der Realität umgesetzt werde.

Klimaschutzpläne für Klimaforscher „ambitioniert“

Ein großes Thema im Regierungsabkommen ist vor allem auch der Klimaschutz – so soll Österreich bis 2040 klimaneutral werden. Für den Klimaforscher Gottfried Kirchengast vom Wegener Center für Klima und Globalen Wandel in Graz ist das ein ambitioniertes Ziel: „Wir haben aus wissenschaftlicher Sicht bisher Pfade mit Klimaneutralität 2045 gerechnet.“

Das Paket, das vorliege, sei das mit Abstand beste, das je eine Regierung präsentiert habe, so Kirchengast – allerdings liege die Arbeit noch vor der Regierung, weil wichtige Punkte konkretisiert werden müssen: „Steuerreform, konkretes Klimaschutzgesetz 2030 – wir müssen in diesem Jahrzehnt von rund 80 Millionen Tonnen jährliche Emissionen derzeit auf 40 Millionen Tonnen hinunter –, Nachbesserung nationaler Klimaplan: Große wichtige Arbeiten liegen vor der Regierung, zu der kann man ihr nur alles Gute wünschen. Die Volkspartei und die Grünen müssen da gemeinsam dahinterstehen, damit das große Werk gelingt.“

„Ohne CO2-Bepreisung geht es nicht“

Ohne Ökosoziale Steuerform werde „das große Werk“ aber nicht gelingen, ist Kirchengast überzeugt: „Das ist ein zentraler Bestandteil. Es war im Detail offensichtlich zu umstritten, um das genauer festzulegen, wie man hier vorgehen soll, aber aus Klimaschutzsicht ist ganz klar: Ohne dieses CO2-Bepreisungselement wird es sicher nicht gehen. Das Klimaschutzgesetz 2030 gemeinsam mit dieser CO2-Bepreisung werden wirklich zwei zentrale Ankerpunkte sein.“

Jedenfalls gebe es einige große Schritte – etwa auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs –, aber auch Schwachstellen, die behoben werden müssen, so Kirchengast.