Gericht

„Staatsverweigerer“ soll Ausbruch geplant haben: Prozess

Ein nicht rechtskräftig verurteilter „Staatsverweigerer“, der derzeit in U-Haft sitzt, muss sich seit Montag in Graz vor Gericht verantworten: Er soll zwei Mithäftlinge angestiftet haben, Justizwachebeamte als Geiseln zu nehmen, um so ihre Freilassung zu erpressen.

„Ich bin der Staatsfeind Nummer zwei“: So habe der Angeklagte sich ihnen beim Hofspaziergang in der Justizanstalt Jakomini vorgestellt, schilderten am Montag die beiden Mithäftlinge. Der 72-Jährige sitzt seit April 2017 in Untersuchungshaft. Er hat eine Einzelzelle und meistens auch allein Hofgang; zwischendurch wurden zwei Tschetschenen gleichzeitig in den Hof geschickt – diese Gelegenheit soll der Angeklagte genützt haben, um die beiden Männer zu einem Ausbruchsversuch zu überreden.

Mithäftlinge meldeten Vorhaben dem Verfassungsschutz

Laut Staatsanwalt habe er den Männern geraten, ihre Buttermesser als Tatwaffe zu präparieren und damit ein oder zwei Justizwachebeamte „am besten mit Stern“ – also höherrangige – als Geisel zu nehmen, um so einen Ausbruch aus dem Gefängnis zu schaffen. „Er hat sich uns ausgesucht, weil wir gewaltbereite Tschetschenen sind und körperlich gut und er gedacht hat, für uns ist das kein Problem“, schilderte einer der beiden Zeugen. Doch die beiden stimmten nur zum Schein zu und meldeten das Vorhaben dem Verfassungsschutz, um selbst keine Probleme zu bekommen. Ganz ernst nahmen die beiden den Mann zunächst nicht: „In der Zelle haben wir gelacht über seine Aussagen.“

Schwerwiegender als der geplante Ausbruchsversuch waren Drohungen, die er gegen den ermittelnden Staatsanwalt und gegen den Leiter der Behörde ausgesprochen haben soll. Von „Umbringen der Familie“ und „Genickbrechen“ war nach Angaben des Zeugen dabei die Rede. Beide „Komplizen“ haben mittlerweile Angst vor dem 72-Jährigen, sie wollten nur in seiner Abwesenheit aussagen.

„Das ist Schwachsinn“

Der Angeklagte fühlt sich nicht schuldig: „Das ist Schwachsinn, so ein Gespräch wurde nie geführt“, sagte er am Montag. Die Richterin konfrontierte ihn allerdings noch mit weiteren Aussagen: „Sie hätten gegenüber diesen beiden Mithäftlingen auch gesagt, sie wollten auch ihre Chefin – ‚die Staatsfeindin Nummer eins‘ – befreien und bis 2025 Österreich übernehmen.“ „Es ist traurig, dass ich als Gendarm mit 27 Jahren Diensterfahrung von zwei kriminellen Ausländern beschuldigt werde und hier stehe“, so der Angeklagte.

Hartes Urteil des Gerichtssachverständigen

Der Beschuldigte verweigerte die Untersuchung durch einen Psychiater, also musste der Gerichtssachverständige Manfred Walzl aufgrund seiner Beobachtungen und mit Hilfe des Akts seine Einschätzung treffen. Das Urteil fiel hart aus: „Geistig-seelische Abartigkeit höheren Grades“, „Realitätsverlust“, „exzentrisch“ und „dissoziales Verhalten“, befand der Mediziner – er sprach sich für eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus. Das schockierte den Angeklagten ziemlich, er willigte nun doch ein, sich begutachten zu lassen, allerdings wollte er einen anderen Psychologen, was die Richterin vorerst nicht verfügt. Die Verhandlung wurde vertagt.