Ein Chaletdorf in Schladming
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Politik

Strengere Regeln für Zweitwohnsitz geplant

In der Steiermark nimmt die Zahl der Zweitwohnsitze rasant zu. Vor allem in Fremdenverkehrsregionen regt sich Widerstand. Die Landesregierung prüft nun strengere Regeln für Zweitwohnsitze.

In der Steiermark gibt es derzeit mehr als 132.000 Nebenwohnsitze, jährlich kommen 1.200 neue dazu. Das wird in vielen Tourismusregionen, wie in Schladming oder im südsteirischen Weinland, immer mehr zu einem Problem. Das Land Steiermark will jetzt nach Möglichkeiten suchen um den Wuchs an Zweitwohnsitzen einzudämmen.

Ein Drittel der Häuser als Nebenwohnsitz

In Sulztal, Bezirk Leibnitz, stehen 60 Häuser inmitten der Weinberge, ganz nah an der Grenze zu Slowenien. Doch nur zwei Drittel davon sind dauerhaft bewohnt, 20 Häuser dienen als Zweitwohnsitz. Die Freude darüber hält sich bei Einheimischen in engen Grenzen, kritisiert Bio-Weinbauer Otto Knaus: „In der Region bleibt eigentlich kein Geld von den Zweitwohnhausbesitzern. Die gehen hier nicht einkaufen, die Kinder gehen hier nicht in die Schule. Die Gegend verliert ganz viel an Potential.“ Steigen würden aber die Preise. Eine Bürgerinitative sammelt in der Region Unterschriften vor allem gegen den Neubau weiterer großer Zweitwohnsitze.

„Ausverkauf der Heimat“

Aus Naturschutzgründen, aber auch, weil es ein Ausverkauf der Region sei, sagt Gitta Rupp von der ARGE Natur-Respekt: „Wenn einmal Preise für ein Einfamilienhaus mit einem kleinen Grund zwischen 600.000 und 800.000 steigen, nur wegen der schönen Aussicht, wer soll sich das bitte leisten können? Das geht nicht. Damit wird die Gegend entleert.“

Mehrparteienhäuser
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In vielen Gemeinden machen Zweitwohnsitze schon mehr als zwei Drittel aus

Der Gamlitzer Bürgermeister Karl Wratschko (ÖVP), sieht das differenzierter. Durch mehrere Ansiedelungen gebe es auch einen deutlichen Mehrwert für die Region. Einem überbordenden Zuwachs an Zweitwohnsitzen will die Gemeinde Gamlitz aber einen Riegel vorschieben, so Wratschko: „Wir wollen die ganzen Spekulationen hintanhalten, wenn hier Makler kommen und kaufen und aufsplitten und verkaufen, das soll nicht zustande kommen.“

Keine Lippenbekenntnisse

Auch im Ennstal, konkret in Schladming, spitzt sich die Situation zu. Eine Bürgerinitiative spricht vom „Ausverkauf der Heimat“, Zweitwohnsitze würden Einheimische verdrängen. Aus Sicht von Hans-Moritz Pott von der Schladminger Bürgerliste ist es längst fünf vor zwölf: „Es sind 3.000 Betten, die derzeit wieder hauptsächlich als Zweitwohnsitze geplant sind. Die brauchen wir nicht. Diese Investitionen, die da im Raum stehen, bewerkstelligen, dass letzendlich für den Heimischen die Wohnraumschaffung unmöglich wird, weil einfach Quadratmeterpreise von 5.000 bis 6.000 Euro im Raum stehen. Diese Entwicklung muss gestoppt werden und es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben.“

Prüfung der Gesetzeslage, Gespräche mit Betroffenen

Die Bürgermeisterin von Schladming, Elisabeth Krammel (ÖVP), sieht das ähnlich. Bereits zwei mal habe man in Petitionen vom Land gesetzliche Möglichkeiten gefordert, gegen illegale Zweitwohnsitze vorzugehen: „Wir möchten gerne eine gesetzliche Handhabe, in diesen Bereich eingreifen zu können. Wir wollen entweder etwas verhindern können oder etwas mitverändern können. Da braucht es von der Landesregierung die gesetzliche Möglichkeit.“

Der Unmut in Schladming und ein neuerliches Schreiben der Bürgermeisterin habe etwas in Gang gesetzt, sagt die zuständige Landesrätin in Graz, Ursula Lackner (SPÖ): „Meine Abteilung prüft aufgrund der vorherrschenden Gesetzeslage die Möglichkeiten. die Gespräche mit den Betroffenen werden zeigen, ob und wie Nachschärfungen vorgenommen werden müssen.“ Man müsse alle Interessen anschauen und abwägen, heißt es.

Ein Chaletdorf in Schladming
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Das Chalet-Projekt in Haus im Ennstal stößt auf Widerstand bei der Bevölkerung

Für Diskussionen in der Region Schladming sorgt auch ein Chalet-Projekt in Haus im Ennstal: Investoren kaufen die Häuser, eine Betreibergesellschaft vermietet die hochpreisigen Objekte. Mit illegalen Zweitwohnsitzen habe dies aber absolut nichts zu tun, versichert der Geschäftsführer, Gerhard Brix: „Ich verstehe schon die Kritik, wenn man sagt, man will gegen illegale Zweitwohnsitze vorgehen. Ich selber komm aus Kitzbühel und ich weiß, wovon da gesprochen wird, weil da gibt es sehr viele davon, aber nicht in solchen Ferienanlagen. Die so etwas machen wollen, suchen sich ein Privathaus oder eine Privatwohnung, aber nicht eine solche Anlage. Aufgrund des gesamten Betreiber-Konzeptes ist das von vornherein ausgeschlossen.“

Lieber Zweitwohnsitz- als Abwanderungsgemeinde

Ganz im Süden der Steiermark, in Bad Radkersburg, ist die Kritik an Zweitwohnsitzen deutlich leiser als im Ennstal. Bürgermeister Heinrich Schmidlechner (ÖVP), bezeichnet sie sogar als positiv für die Gemeinde: 3.200 Einwohner hat Bad Radkersburg derzeit, 500 Zweitwohnsitze, vor allem von Älteren, gibt es. Bei einem neuen Wohnprojekt, das im April eröffnet wird, entstehen weitere, so der Bürgermeister: „Ich will jetzt nicht Werbung machen für den Zweitwohnsitz. Natürlich ist uns der Hauptwohnsitz lieber. Aber bei uns artet das nicht in die Richtung aus, dass dadurch die Immobilienpreise steigen oder es für den einheimischen und heimischen Bürger nicht mehr leistbar wäre.“ Lieber, sagt der Bad Radkersburger Bürgermeister, sei man eine Zweitwohnsitz-Gemeinde als eine Abwanderungs-Gemeinde.