Die eingestürzte Brücke bei Frohnleiten
APA/ERWIN SCHERIAU
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Gericht

Diversion im Brückeneinsturz-Prozess

Im Prozess wegen des Einsturzes einer in Bau befindlichen Schnellstraßenbrücke in Frohnleiten vor rund fünf Jahren haben am Mittwoch im Bezirksgericht Graz-West alle Beschuldigten die angebotene Diversion angenommen. Der Richter sprach vom „Brückenwunder“.

Von ursprünglich sieben Angeklagten erschienen am zweiten Verhandlungstag sechs, ein Beschuldigter hatte schon zum Auftakt im Dezember seine Mitverantwortung eingestanden und um Diversion gebeten – mehr dazu in Brückeneinsturz in Frohnleiten: Prozess angelaufen. Sein Verfahren wurde nun vorläufig ausgeschieden.

Die von den Beschuldigten nach der Annahme der Diversion zu zahlenden Summen bewegen sich zwischen 11.850 Euro und 37.800 Euro.

Richter sprach von „Boots-Gedanken“

Staatsanwaltschaft und Richter boten am Mittwoch nun allen Beteiligten eine Diversion an, die von allen Beschuldigten nach einiger Beratungszeit mit ihren Rechtsvertretern angenommen wurde. Damit sind Geldbuße sowie Verfahrens- und Gutachtenkosten zu bezahlen. Unter den übrigen sechs – Ingenieure und Techniker – musste der Richter die Kosten für das umfassende Gutachten fair und je nach Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufteilen. Hinzugerechnet wurden dann auch noch Geldbußen und die anteiligen Verfahrenkosten.

„Wir könnten das gesamte Verfahren heute beenden“, sagte der Richter und mahnte noch einmal den „Boots-Gedanken“ ein. Alle Beteiligten sitzen seiner Ansicht nach in einem Boot. Das Angebot der Diversion sei „nicht selbstverständlich“. Mit deren Annahme würden sich nun alle Angeklagten sowie auch der Staat ein möglicherweise jahrelanges und kostspieliges Verfahren ersparen.

Keine zivilrechtliche Bindung

Im Zentrum stand auch die Frage, ob das Eingeständnis einer Mitverantwortung bei einem möglicherweise späteren Zivilrechtsverfahren für die Angeklagten negativ ausgelegt werden könnte: „Durch die Diversion entsteht keinerlei zivilrechtliche Bindung“, versicherte der Richter. Zudem gelten alle Angeklagten mit einer Diversion weiterhin als nicht vorbestraft.

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Die eingestürzte Brücke bei Frohnleiten
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Der Brückeneinsturz von Frohnleiten
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Verantwortung und Schlüsse

Der Richter sprach von einem „Brückenwunder“. Die Beschuldigten übernahmen jeweils die Mitverantwortung für den Einsturz der in Bau befindlichen Brücke vor fünf Jahren in Frohnleiten. Sie alle versuchten aus den Vorfällen Schlüsse zu ziehen, damit so etwas nicht mehr passiert. So meinte etwa einer: „Als Auftraggeber hat man Kontrollrechte und diesen ist man vielleicht zu wenig nachgekommen.“ Ein anderer regte an, dass künftig zusätzliche statische Daten auf den Plänen verzeichnet werden. Ein anderer wiederum sprach sich für noch mehr Kommunikation aus.

Schaden in Millionenhöhe

Die Brücke war am 21. Februar 2015 wenige Sekunden nach der Durchfahrt eines Personenzuges auf die Gleise der ÖBB gestürzt und hatte Schaden in Millionenhöhe verursacht. Verletzt wurde niemand. In knapp fünf Jahren Ermittlungen wurden Gutachten erstellt und 21 Verdächtige befragt. Angeklagt wurden letztlich die sieben Techniker im Alter von 44 bis 70 Jahren – allesamt Ingenieure, Diplomingenieure und leitende Mitarbeiter.

Die ASFINAG zog nach dem Einsturz Konsequenzen und setzt seither immer zwei Statiker ein, die die Berechnungen kontrollieren. Insgesamt wurde ein Sachschaden von rund 5,2 Millionen Euro errechnet. Der strafrechtlich relevante Schaden – nämlich der, der an der ÖBB-Infrastruktur entstand – liegt bei 1,3 Millionen.

27 Firmen waren am Bau und der Planung der Brücke beteiligt. Entsprechend lange hat das Ermittlungsverfahren bisher schon gedauert. Angeklagt wurde letztlich fahrlässige Gemeingefährdung. Am ersten Prozesstag hatten drei der sieben Angeklagten um eine Diversion angesucht, die anderen wiesen die Schuld zunächst von sich.