Prozess gegen einen 27-jährigen Steirer wegen Mordversuchs am Vater
APA/INGRID KORNBERGER
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Gericht

Sohn stach auf Vater ein: Haft und Einweisung

Ein 27-jähriger Obersteirer musste sich am Donnerstag in Leoben wegen Mordversuchs am eigenen Vater verantworten: Insgesamt achtmal hatte der Mann auf sein Opfer eingestochen. Das Urteil: Zwölf Jahre Haft und Einweisung.

Für die Staatsanwältin war „die Sache ganz klar“: Im August 2019 soll der 27-Jährige dem Vater mit einem Messer acht Mal in den Nacken- und Schulterbereich gestochen haben. „Es grenzt an ein Wunder, dass der Vater nur leicht verletzt davonkam“, so die Worte der Staatsanwältin. Der Beschuldigte war bisher im Ermittlungsverfahren geständig, er habe aber laut eigenen Angaben den Vater nicht töten wollen.

„Er hat mit dem Willen gehandelt, seinen Vater zu töten“

Hintergrund für den Vorfall soll ein schwieriges Verhältnis zwischen Vater und Sohn sein: So gab sich der Angeklagte etwa davon überzeugt, dass ihm sein Vater Medikamente in sein Essen gemischt habe. Laut eigenen Angaben hätte der 27-Jährigen den Vater mehrmals darauf angesprochen – aber als Antwort darauf stets nur ein Lachen bekommen.

Laut Staatsanwaltschaft war dies auch der Grund, warum der Angeklagte am 11. August des Vorjahres zum Messer griff und zustach. Die Mutter ging dazwischen, die Schwester rief die Rettung. „Er hat mit dem Willen gehandelt, seinen Vater zu töten“, war die Anklägerin überzeugt.

Handlung als „Befreiungsschlag“

Der Verteidiger sprach hingegen von einem Mann, der zwar 27 Jahre alt sei, aber den er in den Gesprächen wie einen Jugendlichen wahrgenommen habe: „Es bedarf noch einer Nachreifung. Er war nicht in der Lage, anders zu reagieren. Er fühlte sich vom Vater gedemütigt, missverstanden und litt seelisch darunter.“ Dass der 27-Jährige ihm einen „Denkzettel“ verpassen wollte, deute darauf hin, dass er ihn nicht töten wollte: „Die Handlung war ein Befreiungsschlag.“ Der Beschuldigte müsse in eine Therapie.

Schwieriges Verhältnis zu Vater

Der 27-Jährige beschrieb das Verhältnis zum Vater als schwierig: „Eine Verbindung zu ihm aufzubauen, war schwer. Das Verhältnis war oberflächlich. Ich wurde öfter von ihm gedemütigt, hörte Beleidigungen, er nahm mich auch nicht ernst und stellte mich als blöd hin.“ Bis wenige Wochen vor der Tat sei er dennoch stolz auf seinen Vater gewesen, weil dieser im Leben viel erreicht habe.

Doch dann hegte der Beschuldigte den Verdacht, dass ihm der Vater Medikamente ins Essen mischt – als er ihn darauf ansprach, habe er sich „komisch“ verhalten, was den Verdacht verstärkt habe. Nach der Rückkehr von einer längeren Reise wollte der Sohn noch einmal darüber reden, wobei die Situation eskalierte: „Er lachte nur und meinte, das könne nicht sein. Ich ärgerte mich und war wütend“, schilderte der 27-Jährige.

„Ich war so in Rage“

Im Anschluss daran holte er ein Messer und drückte den Vater zu Boden – dann stach er zu: „Warum gerade in den Nacken und nicht etwa in den Oberarm?“, fragte der Richter. „Ich war so in Rage, ich weiß es nicht“, lautete die Antwort.

Der Vater, die Mutter und die Schwester entschlugen sich der Aussage. Der Gerichtsmediziner führte aus, dass insgesamt zwölf Verletzungen beim Vater festgestellt wurden – acht davon waren Stich- oder Schnittverletzungen. Es kam zum Blutverlust, aber es wurden keine größeren Gefäße oder Nerven beschädigt: „Es war ein glücklicher Zufall.“ Der psychiatrische Sachverständige sagte, dass der Angeklagte zurechnungsfähig war, aber psychisch behandelt werden muss.

Versuchter Mord

Die Geschworenen sprachen den Obersteirer mit acht zu null Stimmen des versuchten Mordes schuldig – das Gericht verurteilte ihn dann zu zwölf Jahren Haft und einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Der Angeklagte bat um drei Tage Bedenkzeit – das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig.