Ein Asylwerber liegt in seinem Bett aufgenommen, im Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen. (9.7.2015)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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Coronavirus

Asylquartiere: Aufregung um Wiederinbetriebnahme

Mitten in der Coronavirus-Krise sorgt die angebliche Wiederinbetriebnahme von zwei Asyl-Großquartieren am Semmering und in Leoben für Aufregung. Vor allem in Leoben ist die Empörung groß.

Nach einem Aufnahmestopp in Traiskirchen – mehr dazu in Zwei Fälle im Aufnahmezentrum Traiskirchen (noe.ORF.at) – muss der Bund seine langfristig gemieteten Großquartiere wieder aktivieren; somit kam für den Bürgermeister von Spital am Semmering, Reinhard Reisinger (SPÖ), die offizielle Information des Innenministeriums am Mittwoch nicht wirklich überraschend: „Irgendwie war es absehbar, denn das Hotel Haus Semmering ist vom Bund ja für zehn Jahre gepachtet, und die Befürchtung ist nahelegend, dass wenn es notwendig ist, hier wieder Asylwerber untergebracht werden.“

Wann genau und wie viele kommen werden, steht laut Bürgermeister Reisinger noch nicht fix, Anfang April könnte es aber schon soweit sein. In Zeiten von Corona-Ausgangsbeschränkungen für die Bevölkerung steht für Reisinger aber fest, „dass sie im Hotelgelände bleiben und dass dafür gesorgt wird, dass die täglichen Einkäufe zentral erledigt werden, sodass also niemand in den Ort hinaus muss – dass also die Leute wirklich angehalten sind, dort auf dem eigenen Gelände und im Hotel zu bleiben“.

„Auf das Wohl der Bevölkerung achten“

In Leoben hat Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ) selbst aktiv darüber informiert, dass in den nächsten beiden Wochen wieder 150 Flüchtlinge in die ehemalige Baumax-Halle einziehen werden – ebenfalls verknüpft mit der Forderung nach einem Ausgangsverbot.

Erst am Dienstag sorgte ein ähnlicher Fall in Wildon für Aufregung und Verwirrung – mehr dazu in Aufregung um Asylwerber in Wildon (24.3.2020).

Diese Menschen hätten schon ein furchtbares Schicksal hinter sich, indem sie aus ihrer Heimat flüchten mussten und sich nun in Aufnahmelagern aufhalten müssen, sagt Wallner: „Jetzt sollen sie noch weiter in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden.“ Als Bürgermeister sei es daher seine Pflicht, zuerst auf das Wohl der Leobener Bevölkerung zu achten – daher fordere er die zuständigen Behörden auf, Maßnahmen zu ergreifen, damit sich die Flüchtlinge nur auf dem zugewiesenen baumax-Areal in Leoben-Lerchenfeld aufhalten, um jegliches Gesundheitsrisiko von der Leobener Bevölkerung abzuwenden, so Wallner.

„Man lässt Kommunen und Bürgermeister allein“

Von der ÖVP Leoben heißt es am Donnerstag nach Rücksprache mit dem Innenministerium, dass die Halle nur für den Notfall vorbereitet werde, sollte in einer anderen Einrichtung eine Covid-19-Erkrankung auftreten – Wallner bezweifelt das: „Wie wir gehört haben, ist die erste Ausbaustufe 150 – kommt dann noch eine zweite oder eine dritte Ausbaustufe? Davor möchte ich erstens warnen! Und zweitens: Man lässt die Kommunen und die Bürgermeister vollkommen alleine, und man sieht, die Angst in der Bevölkerung ist riesig.“

Wallners Kritik an der Vorgangsweise des Innenministeriums fällt heftig aus: „Das ist wie bei Mikl-Leitner, die hat sich auch nie persönlich bemüht, und bei Nehammer ist das jetzt das Gleiche. Ich hab’ das Gefühl, dass man beim Bund auf einem hohen Ross sitzt und die Kommunen vernachlässigt“. Wallner betont weiters, dass er als Bürgermeister keine Ausgangsverbote verhängen kann.

Innenministerium: Nur für den Fall des Falles

Laut Innenministerium gehe es nicht darum, dass Neuankömmlinge untergebracht werden, sondern jene, die ohnehin schon in Österreich waren – es geht um eine Reserve für den Fall des Falles, falls Quartiere wegen der Corona-Krise ausfallen; wann oder ob es überhaupt dazu kommt, ist aber noch unklar. Die genannten Zahlen seien jedenfalls völlig falsch – konkrete Zahlen will man im Ministerium aber nicht nennen.

Von der Landesregierung heißt es dazu, diese Quartiere fallen in die Zuständigkeit des Innenministeriums. Die Landesregierung sei dazu mit dem Ministerium in laufendem Kontakt.

Scharfe Kritik von der FPÖ

Die steirische FPÖ hat sich indes schon am Mittwoch zu dem Thema gemeldet: Landesparteiobmann Mario Kunasek zeigt sich dabei empört über das – wie es in einer Aussendung heißt – „Schweigen des ÖVP-Landeshauptmannes Hermann Schützenhöfer“. Die FPÖ werde auf allen Ebenen gegen diesen neu eingeschlagenen Asylkurs vorgehen und gegen die Reaktivierung von Asylquartieren ankämpfen, heißt es in der Aussendung weiter.

Die Freiheitlichen kritisieren aber auch Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ): Es sei eine Schande, dass sie sich bisher nicht klar gegen diese wiedereröffneten Quartiere positioniert habe, so Landesparteisekretär Stefan Hermann – er wirft Kampus und auch Landeshauptmann Schützenhöfer vor, bewusst geschwiegen zu haben, um dieses für sie so unangenehme Thema nicht behandeln zu müssen. Hermann spricht weiters von einer unverantwortlichen Vorgehensweise, die ein massives landespolitisches Nachspiel haben werde.