Christusstatue am Kreuz beim Franziskanerkloster
ORF.at/Georg Hummer
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Religion

Osteransprache von Wilhelm Krautwaschl

Auch die christlichen Osterbotschaften stehen heuer ganz im Zeichen der CoV-Krise. Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl vergleicht die aktuelle Lage mit der biblischen Ostergeschichte.

Unser Leben ist derzeit anders. An die Stelle von Gemeinschaft ist Isolation getreten. An Stelle von Freiheit erleben wir Einschränkung. An der Stelle von Sicherheit stehen Sorge und Betroffenheit ob der Schicksale Tausender, die dem Coronavirus zum Opfer gefallen sind. Zu den gesundheitlichen Sorgen kommen die wirtschaftlichen. Es geht um Arbeitsplätze, um Unternehmen, um die Zukunft. Unser Leben ist gehörig aus den Fugen geraten, und auch Ostern fühlt sich heuer anders an, als wir es gewohnt sind.

Aber trotz all dem ist gerade Ostern für uns Christen das zentrale Ereignis, aus dem wir Hoffnung schöpfen können. Hoffnung darauf, dass wir diese schwere, fordernde, auch existenziell problematische Zeit gemeinsam überwinden werden und voll Zuversicht in die Zukunft schauen können. Daher ist es unser wichtigstes Fest.

Lassen wir die letzten Wochen nochmals Revue passieren und übertragen wir die biblische Ostergeschichte in die heutige Zeit.

Vor einer Woche feierten wir den Palmsonntag – es war kurz vor dem Pessachfest. Jesus zieht in die Stadt ein und wird stürmisch begrüßt und gefeiert. „Hosanna“, ruft man ihm zu – „hilf uns, bringe uns Rettung!“ Das Volk hoffte damals auf die Befreiung aus der römischen Fremdherrschaft. Man winkte mit Palmzweigen als Zeichen des Lebens. Die Stimmung ist am Höhepunkt.

Wenn wir unsere Zeit um ein paar Monate zurückdrehen, war es bei uns ähnlich. Das Wirtschaftswachstum war passabel, die Arbeitslosigkeit gering, unser Wohlstand schien gesichert, und wir hatten – natürlich immer mit diversen Eintrübungen – durchwegs Freude am Leben. Für die große Mehrheit schien alles wie am Schnürchen zu laufen.

Schauen wir 2.000 Jahre zurück nach Jerusalem. Im Lauf der Karwoche wird die Stimmung gedrückter. Die Pharisäer schmieden im Hintergrund Pläne, wie sie Jesu habhaftig werden können, ohne das Pessachfest zu stören. Sie sehen ihn als Bedrohung ihres Machtgefüges. „Ihr wisst, dass der Menschensohn ausgeliefert wird, um gekreuzigt zu werden“, sagt Jesus im Matthäus-Evangelium zu seinen Anhängern, bevor er an unserem Gründonnerstag mit seinen zwölf Jüngern das Letzte Abendmahl feiert. Es ist ein Abschiednehmen voneinander, von Gewohnten und Vertrauten. In der Nacht wird Jesus verraten und verhaftet.

Was passierte in unserer Zeit? In China bricht ein neues Virus aus. Tausende werden krank, in Wuhan wird in Rekordzeit ein neues Spital gebaut. Das Virus breitet sich in China aus, während im Westen noch gefeiert wird und der Alltag unverändert bleibt. In China bricht das Gewohnte und Vertraute auseinander. Plötzlich ist dort alles anders.

Osteransprache von Bischof Wilhelm Krautwaschl

Dann kommt der Karfreitag. Jesus wird gedemütigt, geschlagen, schleppt sein Kreuz auf den Hügel Golgota, auf die „Schädelstätte“, und wird dort gekreuzigt. Der Himmel verdunkelt sich, Donner grollt. „Mein Gott, warum hast Du mich verlassen“, wehklagt Jesus und stirbt laut der Überlieferung zur neunten Stunde, also um 15 Uhr. Dann folgt Stille und Trauer um den toten Sohn Gottes. Angst und Sorgen machen sich breit, dass nun die Hoffnung erloschen sei. Es bleiben Verlust und Schmerz.

Wie ähnlich ist die Situation derzeit bei uns. Rasend schnell hat sich das Virus auf der Welt ausgebreitet und zwingt uns zur Isolation. Fast ohnmächtig stehen wir einem unsichtbaren Gegner gegenüber, der uns vor Augen hält, wie verletzlich wir als globale Gesellschaft trotz all unserer Errungenschaften doch sind. Wir sind aus unseren Gemeinschaften gerissen, was gerade für uns als Kirche bitter ist, weil das Leben und das Feiern in der Gemeinschaft zentrale Elemente unseres Glaubens sind. Stille kehrt ein und Trauer um Tausende, die gestorben sind, und Sorge um viele weitere, die in Gefahr sind. Menschen leiden unter Einsamkeit und fühlen sich verlassen. Die einen werden arbeitslos, die anderen arbeiten bis zur Erschöpfung. Und dabei sind wir versucht, vieles auszublenden, das auch noch da ist, weitere Nöte und Sorgen in unserer Welt, ob sie nun Krieg und Terror oder Flucht und Hunger oder Wehklagen der Schöpfung heißen: neben Corona verblassen diese. Bisweilen macht sich Hoffnungslosigkeit breit.

Doch nun kommt Ostern. Jesus erhebt sich von den Toten. Mit „Frieden sei mit Euch“, begrüßt er jene, die er trifft – und plötzlich sind Hoffnung und Glaube wieder da. Der Tod ist nicht das Ende: er ist zwar das Ende des Sterbens, aber nicht des Lebens! ER, der Sohn Gottes besiegt den Tod, um uns Frieden zu bringen. Und damit ist nicht nur unmittelbar der Frieden als Gegensatz zum Krieg gemeint, sondern der Frieden für die Seele, der uns von Angst und Sorgen befreit. Jesu gesamtes Leben und Sterben ist ein ewiger, ein wunderbarer Beleg dafür, dass für uns Christen immer Hoffnung da ist, dass das letzte Wort über mich und auch über Dich noch nicht gesprochen ist.

„Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“, schließt das Matthäus-Evangelium. ER, der Auferstandene ist mit uns – in guten wie in schwierigen Zeiten wie diesen. Also bewahren wir uns die Hoffnung, dass wir als eine Menschheit gemeinsam diese Krankheit meistern und voll Zuversicht in die Zukunft schauen. Als Christen dürfen wir darauf vertrauen, dass auch wir diese schwierige Situation meistern werden und dass uns bessere Tage, eine bessere Zeit immer bevorstehen wird. Auf die finstere Nacht folgt immer der helle Tag. Am Ende wird es gut sein, denn: „Wir sind nicht allein!“

Ich wünsche Ihnen gesegnete Ostern und alles Gute.