Polizeischüler in Sicherheitskleidung und der Aufschrift „Polizei“ beim Einsatztraining
APA/BARBARA GINDL
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Chronik

Polizei-Großeinsatz gegen organisierte Kriminalität

Bei einer groß angelegten Polizeiaktion unter dem Namen „Operation Sudoku“ hat die Polizei eine siebenköpfige Tätergruppe ausgeforscht. Am Dienstagmorgen wurden in Graz zeitgleich vier Festnahmen durchgeführt. Es geht um organisierten Sozialleistungsbetrug.

Die steirische Polizei hat Dienstagfrüh bei der „Operation Sudoku“ in Graz vier Verdächtige, drei Männer und eine Frau mit nigerianischen Wurzeln, festgenommen und insgesamt fünf Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die Verdächtigen sollen gegen Entgelt Sprachprüfungen für andere nigerianische Staatsbürger in Österreich abgelegt haben. Dazu wurden in Nigeria gefälschte und nach Österreich per Kurier verbrachte Reisepässe verwendet. Mit den zu Unrecht erlangten Zertifikaten wurden Sozialleistungen und sogar Staatsbürgerschaften erschlichen. Bei den Hausdurchsuchungen wurden zahlreiche Dokumente sichergestellt, die noch ausgewertet werden müssen.

Gefälschte Reisepässe aus Nigeria
LPD/Gimpel
Die Polizei stellte zahlreiche gefälschte Pässe sicher.

Staatsanwaltschaft beantragt U-Haft

Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, sagte bei einer Pressekonferenz am Dienstag, dass unter anderem wegen Urkundenfälschung, krimineller Vereinigung, schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Erschleichung von Aufenthaltstiteln sowie Sozialleistungen ermittelt werde. Wenn der Schaden mehr als 300.000 Euro ausmache, beträgt der Strafrahmen bis zu zehn Jahre Haft.

Die Schadenshöhe könne bisher allerdings noch nicht abgeschätzt werden. Sie liege jedenfalls im sechsstelligen Euro-Bereich, schätzte Einsatzleiter Chefinspektor Thomas Huber. Bei den vier festgenommenen Verdächtigen will die Staatsanwaltschaft Anträge für Untersuchungshaft stellen. Von diesem Quartett haben bereits drei selbst die österreichische Staatsbürgerschaft.

ÖIF-Mitarbeiterin schöpfte Verdacht

Von österreichweit insgesamt 523 Prüfungen bei entsprechenden Instituten, die nigerianische Staatsbürger in Österreich von 2017 bis Februar 2020 abgelegt haben, wurden 184 als gefälscht entlarvt. 61 davon konnten den vier festgenommenen Verdächtigen sowie drei Komplizen zugeordnet werden. Ins Rollen gebracht hat den Fall eine Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), wo Prüfungen abgelegt werden. Ihr war aufgefallen, dass immer derselbe Prüfling nur mit anderen Dokumenten angetreten war.

Seit einem Jahr ermittelt

Seit Oktober 2019 liefen die Ermittlungen, an denen Beamte der Polizeiinspektion Graz-Paulustor-FGP (Fremden- und Grenzpolizei), der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung (FGA) sowie der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), der PI Graz-Sonderdienste (Sektor), Polizei-Diensthundeführer, Kriminalbeamte des Stadtpolizeikommandos Graz sowie Dokumenten- und IT-Experten von Landes- und Bundeskriminalamt beteiligt waren. Der Einsatz erfolgte in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Graz. Am Dienstag waren mehr als 70 Beamte bei den Festnahmen beteiligt.

„Sozialleistungen sind ein wichtiger Eckpfeiler unserer Gesellschaft. Sie fangen diejenigen auf, die auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind. Es gibt jedoch auch Menschen, die ohne Anspruch Leistungen beziehen wollen und das Sozialsystem und die Wirtschaft schwächen – dagegen braucht es eine entschiedene Vorgangsweise und entsprechende Sanktionen“, meint Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer ersten Reaktion.