Kindergartenkinder mit Betreuerin
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Bildung

Kinderbetreuung: Kritik an neuem Schnellkurs

Die steirische Landesregierung hat am Dienstag eine Änderung der Ausbildungsvoraussetzungen für Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen beschlossen: So soll in bestimmten Fällen künftig ein 30-tägiger Crashkurs reichen. Es hagelt Kritik.

Fünf Jahre lang und durchschnittlich 34 Wochenstunden verbringen die Schülerinnen und Schüler der Bildungsanstalt für Elementarpädagogik (BAfEP) an der Schule, um sich nach dem Ende der Ausbildung als Kindergartenpädagoge oder -pädagogin bezeichnen zu dürfen.

Ausbildungsvariante auf zwei Jahre befristet

Mit dem jüngsten Beschluss der Landesregierung, mit dem die bestehenden gesetzlichen Ausbildungsanforderungen an Kindergartenbetreuer geändert wurden, reicht für das Erlangen dieser pädagogischen Qualifikation nun ein 30-stündiger Schnellkurs, wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen: So muss man als Einrichtung etwa nachweisen, keine geeignete Pädagogin gefunden zu haben, sprich, es muss eine Ausschreibung stattgefunden haben oder eine Rückmeldung des Arbeitsmarktservices geben, dass es keine geeigneten Bewerber gibt. Und die Regelung gilt – vereinfacht gesagt – nur für grundsätzlich in diesem Bereich schon qualifizierte oder tätige Personen.

Kindergartenpädagoginnen in der Ausbildung
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Die Landesregierung verfolgt mit der neuen Schnell-Ausbildung das Ziel, den Mangel an Betreuungskräften in Kindergärten, der sich durch die Coronavirus-Krise noch verstärkt hat, zu beheben. Das Programm ist daher vorerst auf zwei Jahre befristet, allerdings mit Option auf Verlängerung.

Grüne, KPÖ und NEOS üben scharfe Kritik

Die Grünen wie auch die KPÖ fürchten, dass dieses Provisorium eine Dauerlösung werden könnte und damit auch erhebliche Qualitätseinbußen einhergehen. Die Grünen forderten die Landesregierung daher unter anderem dazu auf, mit dem Gemeinde- und Städtebund über Ausbau und Finanzierung einer zukunftsorientierten Kinderbetreuung in der Steiermark zu verhandeln.

Entsetzt auf den Beschluss der Landesregierung reagiert NEOS, allen voran Klubobmann Niko Swatek: „Genauso wenig wie wir einem Arzt mit nur 30 Stunden Medizin-Crashkurs vertrauen würden, sollten wir jemandem mit nur 30 Stunden Elementarpädagogik-Crashkurs die Betreuung und Ausbildung unserer Kinder überlassen."

Sowohl Grüne, KPÖ wie auch NEOS sind sich einig, dass das Problem mit der neuen Ausbildungsvariante nicht an der Wurzel gepackt wird – der vorherrschende Mangel an Betreuungskräften liege weniger an den zu hohen Ausbildungsanforderungen, als vielmehr an den unattraktiven Arbeitsbedingungen.

Kritik auch von der Jungen Industrie

Kritik an der neuen Regelung kommt auch von der Jungen Industrie Steiermark: Die angestrebte Entlastung des Leitungspersonals dürfe keine Qualitätseinbußen in den Kindergärten zur Folge haben. Derzeit werden die Kindergarten-Leiterinnen für administrative Arbeiten freigestellt – dies sei ein Umstand, der den Personalmangel zusätzlich befeuere, so die Vertreter der Jungen Industrie. Sie schlagen vor, dass die Verwaltungs- und Dokumentationsarbeiten nicht verpflichtend von Pädagoginnen gemacht werden müssen, damit diese mehr Zeit mit den Kindern verbringen können.

Kindergarten Kinder
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Schülervertretung fordert mehr Anreize

Die stellvertretende Schulsprecherin der BAfEP Graz, Sophia Dirnberger, fordert konkrete Anreize: „Ein höheres Gehalt, mehr Wertschätzung und generell bessere Arbeitsbedingungen für KindergartenpädagogInnen, wie beispielsweise kleinere Gruppen oder mehr Ressourcen für Kindergartenassistenz.“ Durch die faktische Gleichsetzung eines Crashkurses und einer fünfjährigen Ausbildung fühlen sich viele Kindergartenpädagogen nun aber eher vor den Kopf gestoßen.