Angeklagte vor Gericht
APA/Erwin Scheriau
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Chronik

Anschlag auf Moschee: Heeresoffiziere vor Gericht

Der Anschlag auf eine Grazer Moschee im Jahr 2016 hat seit Dienstag ein weiteres gerichtliches Nachspiel: Zwei Bundesheeroffiziere sollen von der bevorstehenden Attacke gewusst, aber nichts dagegen unternommen haben.

Im Außenbereich einer Grazer Moschee wurde im Mai 2016 ein Sauschädel platziert, zusätzlich wurde Schweineblut verschüttet. Vier Personen konnten als Täter ermittelt und angeklagt werden – sie wurden einer rechten Gruppierung zugeordnet. Beim Prozess im März des Vorjahres gab es drei Schuldsprüche mit Haftstrafen und eine außergerichtliche Einigung wegen Herabwürdigung religiöser Lehren und Sachbeschädigung.

Einer der Täter war Heeresinformant

Die Ermittlungen haben damit aber nicht geendet: Ab Dienstag stehen nun zwei Offiziere des Heeresabwehramtes vor Gericht. Ein 38-jähriger Mitarbeiter der Außenstelle Graz und dessen 46-jähriger Vorgesetzter in Wien sollen von der bevorstehenden Attacke gewusst haben, da einer der verurteilten Täter als Informant für das Heeresabwehramt tätig war.

Er war in die rechte Szene eingeschleust worden und hatte an einem Stammtisch teilgenommen, bei dem die Gruppe die Tat beschlossen hatte; auch die Mitwirkung des Informanten sei dabei fixiert worden. Die Quelle hat den erstangeklagten 38-Jährigen genau über den geplanten Tatzeitpunkt und -ablauf informiert – und dieser wiederum seinen Vorgesetzten. Der 46-Jährige soll dann laut Anklage auch die Freigabe erteilt haben, dass der Informant an der Attacke mitwirken soll – mit den Worten: „Ja, grünes Licht, mach an der Aktion mit!“ Der Erstangeklagte wiederum soll dem Informanten Tipps gegeben haben, wie er nach der Tat am besten flüchten könne.

Observiert, aber nicht eingegriffen

Am Tatabend wurden die Täter vom Abwehramt dann zwar observiert, rechtzeitig eingegriffen wurde aber nicht – erst danach soll der Erstangeklagte die Polizei über den Notruf 133 über einen angeblichen Einbruch bei der Moschee informiert haben.

Anklägerin: „Es geht um Hintergründe“

„In diesem Verfahren wird es um die Hintergründe gehen“, kündigte die Staatsanwältin gleich zu Beginn des Prozesses an: Die Angeklagten sollen nicht nur von dem „nicht tolerierbaren rassistischen Angriff“ im Detail gewusst haben, sondern einen in eine rechtsextreme Gruppierung eingeschleusten Informanten auch forciert haben, daran mitzuwirken. Das Heeresabwehramt sei überhaupt nicht zuständig gewesen, weil es sich um kein militärisches Ziel gehandelt habe. Die beiden Beamten hätten den Wissensstand an die Polizei weitergeben müssen, was aber zuerst nicht und später bewusst falsch geschehen sei, so die Staatsanwältin. Auch eine nicht erlaubte Kennzeichen-Abfrage beim Wagen des Haupttäters sei von den Angeklagten genehmigt und auch eine unrechtmäßige Observation der Täter in der Nacht des Anschlags sei durchgeführt worden.

Anwalt: Anklage „sehr langatmig“

Der Verteidiger des Erstangeklagten sieht in der „langatmigen“ Anklage viele Widersprüche und den „Versuch der Staatsanwältin, ein rechtmäßiges Verhalten zu pönalisieren“. Hauptaufgabe des Heeresabwehramtes sei, Beobachtungen zu machen und Bestrebungen herauszufiltern, aus der eventuell terroristische Gefahren entstehen könnten; auch die sogenannte „Observation“ sei nur eine Beobachtung gewesen, es seien keine technischen Mittel zum Einsatz gekommen. Müssen sie auch nicht, ergänzte der Richter und zitierte aus dem Militärbefugnisgesetz.

Der Verteidiger sagte weiters, sein Mandant hätte sehr wohl schon zehn Tage vor der Tat versucht, die Informationen an das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) weiterzugeben – dort habe man alles als zu wenig konkret abgetan. Auch bei einer neuerlichen Information kurz vor der Tat sei das LVT untätig geblieben und habe nur an den Polizeinotruf verwiesen, so der Verteidiger, der einen Freispruch forderte.

Angeklagter: „Verheize ja nicht meine Quellen“

Auch der 38-jährige Erstangeklagte versuchte dann einen Einblick in die Arbeit des Nachrichtendienstes des Heeres zu geben: Es ging dabei viel um Begrifflichkeiten wie eben Beobachtung und Observation, Kontakte, Quellen und Vertrauenspersonen, um verdeckte Ermittlungen, Zuständigkeiten und Hierarchien im Abwehramt.

Es wäre nicht in seiner Macht gestanden, den Informanten von der Tat abzuhalten: „Ich habe nur die Möglichkeit, ihn zu belehren, keine Straftat zu begehen“, erklärte er, und er bestritt, seinen Informanten aufgefordert zu haben, an der Tat mitzuwirken. „Ich verheize ja nicht meine Quelle in den ersten paar Monaten“, so der 38-Jährige, der sich ebenso nicht schuldig fühlt wie der Zweitangeklagte.

„Ich kann keine Kräfte zusammenziehen“

Dieser meinte zu der Aktion vor der Moschee, das „entspricht der tagtäglichen Routine unserer operativen Einheit, aber es war keine Observation“; außerdem habe ihm die Anklägerin Taten unterstellt, die „technisch gar nicht möglich“ wären: „Ich kann keine Kräfte zusammenziehen“, meinte er zu dem Vorwurf, er habe Beamte aus Wien kommen lassen und mit Dienstwagen und Waffen ausgestattet. Die Verlegung nach Graz sei deshalb erfolgt, weil am Tag vor dem Anschlag eine Koordinierungsbesprechung vom Abteilungsleiter angeordnet worden war. Dieser Brigadier wird laut Anwalt „der Ladung sicher nicht Folge leisten, weil er vor einem Jahr verstorben ist“.

Vier Verhandlungstage anberaumt

Der Fall zeigt aber auch, wie es offenbar um das Zusammenwirken von Abwehramt und LVT bestellt ist: So sprach der Erstangeklagte von einem „gestörten Arbeitsverhältnis“. Warum das LVT auf die Informationen nicht reagiert habe, wollte der Richter wissen. „Möglicherweise, weil wir zu dritt mehr Informationen bekommen als das LVT mit den vielen Mitarbeitern“, ließ der 38-Jährige Neid und Missgunst anklingen. Mit Spannung ist daher die Aussage des Leiters des steirischen LVT zu erwarten – er ist einer von über 20 Zeugen in den vier Verhandlungstagen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt, ein Urteil wird für Freitag erwartet.