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Coronavirus

Schulpsychologe: Mehr Förderung, weniger Druck

Für 125.000 steirische Schüler hat am Donnerstag wieder die Schule begonnen – wenngleich erneut im Homeschooling. Der steirische Schulpsychologe Josef Zollneritsch plädiert nun dafür, Ansprüche herunterzuschrauben und Förderungen zu intensivieren.

Rund fünf Wochen liegen zwischen den Weihnachts- und den Semesterferien – ob und wie oft die steirischen Schüler in dieser Zeit ein Klassenzimmer von innen sehen werden, ist noch offen. Es gebe aber Dringenderes, als die Ferien oder das Semesterzeugnis zu streichen, sagt Schulpsychologe Josef Zollneritsch: „Das Streichen der Semesterferien bzw. des Semesterausweises würde das System überfordern. Die Frage ist auch, in wie weit man in den Ferien Fördermöglichkeiten für Kinder mit Bedarf anbieten könnte.“

Bis zu einem Drittel braucht dringend Unterstützung

Bis zu einem Drittel aller steirischen Schüler würde dringend Unterstützung benötigen, sagt Zollneritsch: Allein in Graz hätten mehr als die Hälfte aller Mädchen und Buben zwischen sechs und 14 Jahren nicht Deutsch als Erstsprache, aber auch so scheinbar banale Dinge wie eine fehlende oder schlechte Internetverbindung würden vielen steirischen Kindern beim Homeschooling im Weg stehen.

„Wir haben ein Potenzial von SchülerInnen, die sich von Haus aus schwertun, wir haben ein hohes Potenzial von SchülerInnen mit anderen Erstsprachen, wir haben ein Potenzial an SchülerInnen, die von zu Hause wenig Unterstützung erfahren. Da muss wirklich ganz genau hingesehen werden, wie wir diese SchülerInnen auffangen können“, so Zollneritsch.

Franz Neger im „Steiermark heute“-Gespräch mit Josef Zollneritsch

Für alle 14.000 Pädagogen gelte es jetzt besonders, die Anforderungen an die Schüler genau zu hinterfragen, um sie nicht noch mehr zu belasten, sagt der Psychologe: „Ertragen kann man vieles. Sollte die Homeschooling-Phase noch länger gehen, müsste man von den Anforderungen noch einige Abstriche machen.“

Elternvertreter wollen Schule „als Ganzes neu denken“

Wann die Bundesregierung bekanntgeben wird, wie es mit der Schule in Zeiten der CoV-Pandemie weitergehen soll, ist noch nicht bekannt. Der Dachverband der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen fordert unterdessen wöchentliche Coronavirus-Tests für Schüler und Impfungen für Lehrer auf freiwilliger Basis – eine Impfpflicht wird entgegen früherer Meldungen abgelehnt.

Eine mögliche Impfpflicht für Lehrer halten auch steirische Elternvertreter, allen voran Karin Wachswender, Vertreterin der Eltern der Mittel- und Oberstufenschüler, für unrealistisch – Maßnahmen, die mit Zwang verbunden sind, seien ihrer Ansicht nach nicht umsetzbar. Man müsse Schule in Zeiten einer Pandemie vielmehr als Ganzes neu denken: „Es ist mittlerweile schon fünf nach zwölf. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass wir nach zehn Monaten Pandemie die Schulen immer nur öffnen oder schließen.“

Eine Schulklasse während des Unterrichts
APA/Helmut Fohringer
Masken, Trennwände, Ausweichräume – steirische Elternvertreter fordern mehr Vorkehrungen statt Schulschließungen.

Es müssten daher endlich Vorkehrungen getroffen werden, die das Ansteckungsrisiko so weit reduzieren, dass der Präsenzunterricht bis zum Sommer ohne weiteres Homeschooling durchgezogen werden kann, sagt die Elternvertreterin: „Angefangen von gestaffeltem Unterrichtsbeginn über Plexiglastrennwände bei den Tischen bzw. bei dem Lehrerpult. Pausen im Freien zu verbringen, aber auch zum Beispiel ein Ausweichen in angrenzende Hotels oder Restaurants, um den Unterricht in größeren Räumlichkeiten abhalten zu können.“

Vorrang für Freiwillige beim Impfen gefordert

Besonders dringend sei ein Regelbetrieb für die Übergangsschüler, erklärt Wachswender: „Jene, die von der vierten Volksschule in die erste Unterstufe oder von der vierten Unterstufe in die erste Oberstufe wechseln. Und nicht zu vergessen unsere Maturantinnen und Maturanten 20/21.“ Beim Thema Impfen ist sich die Elternvertreterin mit ihrer steirischen Kollegin für die Pflichtschulen, Ilse Schmidt, einig: Die Berufsgruppe der Lehrer solle so rasch wie möglich das Angebot bekommen, sich freiwillig impfen lassen zu können.

Infektionsrate an Schulen verdreifacht

Rund 1,5 Prozent positive Ergebnisse brachte die zweite Runde der SARS-CoV-2-Monitoringstudie an Schulen. Damit war zum Testzeitpunkt Mitte November die Prävalenz unter Schülern und Lehrpersonal um mehr als das Dreifache höher als in der ersten Runde (bis 22. Oktober) – mehr dazu in Infektionsrate an Schulen verdreifacht (news.ORF.at).