Die Grazer Stadträtin Judith Schwentner (Die Grünen) bei ihrer Antritts-Pressekonferenz.
APA/ERWIN SCHERIAU
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Politik

Grazer Stadträtin geißelt „Postenschacher“

Die in etwa einem Jahr fällige Grazer Gemeinderatswahl wirft wohl bereits ihre Schatten voraus: Grünen-Stadträtin Judith Schwentner hat am Wochenende eine Art „Bilanz über drei Jahre schwarz-blauen Postenschacher“ vorgelegt. Sie fordert etwa mehr Transparenz.

Schwentner meinte, es brauche mehr Plan und Professionalität bei der Bestellung von Führungskräften. Die Umweltstadträtin kritisierte, dass nach ihren Recherchen sieben Geschäftsführerposten „ohne sachlichen Anlass“ verdoppelt worden seien. Sechs Führungspositionen wiederum seien ohne Ausschreibung neu besetzt beziehungsweise verlängert worden.

Schwentner: 5,2 Mio. Euro durch Doppelstrukturen

Nach ihren Berechnungen verursachten allein „die zusätzlichen Doppelstrukturen“ in der laufenden Legislaturperiode Kosten von rund 5,2 Millionen Euro, so die Stadträtin. Zuletzt war etwa die Geschäftsführung des stadteigenen Flughafens Graz Betriebs GmbH in Nachfolge des langjährigen Alleingeschäftsführers Gerhard Widmann ab 2021 mit zwei Personen besetzt worden – einer davon allerdings als Teilzeit-Geschäftsführer. Schwentner gab an, dass von 2017 bis 2021 die Parteien der ÖVP- und FPÖ-Koalition „19 Schlüsselposten auf Führungsebenen neu besetzt hätten, 13 davon mit nahen Parteifreunden“.

Schweiz und Schweden als Vorbilder angeführt

Die Stadträtin verwies auf Länder wie die Schweiz oder Schweden mit Transparenzmodellen bei der Besetzung von Spitzenposten. Das sei auch für Graz höchste Zeit. Für die Besetzung von Spitzenpositionen sollten verpflichtende Beiziehung von Personalberatungsunternehmen, verpflichtende öffentliche Ausschreibungen und Hearings, jährliche Transparenzberichte und die Einrichtung einer unabhängigen Berufungsstelle nach schwedischem Vorbild eingeführt werden. Die Situation in Graz führte sie auf die „Objektivierungsrichtlinie 2018“ zurück – damals hätten ÖVP und FPÖ die Richtlinien für die Besetzung von Stellen im Magistrat stark aufgeweicht, so die Grünen-Politikerin.

Gemeinderatswahl 2017

In Graz war am 5. Februar 2017 ein neuer Gemeinderat gewählt worden. Die ÖVP unter Bürgermeister Siegfried Nagl konnte dabei ihren Vorsprung von 2012 von 33,74 auf 37,79 Prozent ausbauen. Die KPÖ als zweitstärkste Partei kam von 19,86 auf 20,34 Prozent, die FPÖ steigerte sich von 13,75 auf 15,86 und somit auf den dritten Platz. Nagl und FPÖ-Chef Mario Eustacchio bildeten dann die Rathauskoalition. Die SPÖ stürzte von 15,31 auf 10,05 Prozent und flog sogar aus dem Stadtsenat. Die Grünen legten zwar ebenfalls ab, von 12,14 auf 10,51 Prozent, konnten aber knapp ihren Stadtsenatssitz halten. NEOS gelang mit 3,94 Prozent und einem Mandat auf Anhieb der Einzug in den Gemeinderatssitzungssaal.