Betten in der Notschlafstelle Vinzibett
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Chronik

Freie Plätze für Obdachlose trotz eisiger Kälte

Trotz eisiger Temperaturen hält sich der Andrang in den steirischen Obdachlosen-Einrichtungen in Grenzen. Viele Migranten können wegen der CoV-Pandemie nicht über die Grenzen, mittlerweile rutschen aber auch immer mehr Inländer in die Armut ab.

Die Kältewelle hat die Steiermark fest im Griff: gefühlte Minus 30 Grad waren es bei kräftigem Wind am Donnerstag etwa am Grazer Schöckl und auch in den Städten sinken die Temperaturen über Nacht in den zweistelligen Minusbereich. In den heimischen Obdachlosen-Quartieren herrscht zu solchen Zeiten normalerweise Hochbetrieb, doch derzeit sind viele Plätze frei.

Nur 40 von 120 Betten belegt

Aktuell sind in den sieben steirischen Obdachlosen-Einrichtungen der VinziWerke 150 Leute untergebracht. In der VinziNest-Notschlafstelle im Grazer Griesviertel stehen insgesamt 120 Betten zur Verfügung, trotz Kältewelle sind hier aber nur 40 belegt, sagt der Gründer der VinziWerke, Pfarrer Wolfgang Pucher. „Wir haben wegen der Kälte unsere Einrichtungen jetzt Tag und Nacht geöffnet, niemand muss auf der Straße bleiben.“

Armuts-Migranten können nicht über die Grenze

Gerade in der kalten Jahreszeit herrscht eigentlich Hochbetrieb in vielen Obdachlosen-Einrichtungen. Normalerweise seien um diese Zeit rund drei Mal soviele Obdachlose hier, heißt es bei den VinziWerken. 2019 gab es in den Notschlaf-Einrichtungen 25.000 Nächtigungen, im Vorjahr waren es, bedingt durch die CoV-Pandemie nur noch 20.000.

Ein Großteil jener, die das Angebot normalerweise annehmen sind Roma, die hier durch geringfügige Arbeiten oder Betteln gerade genug einnehmen, um ihre Familien daheim, wo es keine Jobs und kaum Sozialhilfe gibt, durchzubringen. Der Grund warum es in den Obdachloseneinrichtungen noch freie Plätze gibt, sieht Pfarrer Wolfgang Pucher vor allem darin, dass viele dieser Armuts-Migranten aus der Slowakei und Rumänien wegen der CoV-Pandemie nicht über die Grenzen nach Österreich dürfen.

53 Euro Sozialhilfe pro Monat

Ihre Situation in den Heimatsländern sei besonders prekär: „Rumänische Roma haben in ihrer Heimat pro Person und Monat eine Sozialhilfe in der Höhe von 53 Euro, slowakische Roma 75 Euro, davon kann niemand Leben, auch nicht bei geringeren Preisen. Das geht sich hinten und vorne nicht aus. Das ist auch der Grund warum sie nach Österreich kommen“, so Pucher.

Dass viele nun wegen der CoV-Pandemie nicht über die Grenze können, verschärfe die Lage in den Heimatländern enorm, bestätigt auch Stefan Steinwidder, Leiter der Notschlaftstellen VinziNest und VinziSchutz: „Wir bekommen täglich Anrufe von Leuten die ihre Situation in den Heimatländern schildern. Wir wissen, die Situation wird von Tag zu Tag prekärer. Viele fragen, wann sie wieder nach Österreich zurückkommen können.“ Viele Betroffene sind laut Steinwidder in ihren Heimatländern ohne Strom und Heizung, weil sie die Rechnungen nicht mehr bezahlen könnten.

Immer mehr Inländer wegen CoV von Armut betroffen

Die Einrichtungen der VinziWerke bieten nicht nur Möglichkeiten der Unterbringung sondern auch Beratungsgespräche an. Diese nahmen in den vergangenen Monaten laut Steinwidder deutlich zu. „Wir merken die hohe Arbeitslosigkeit, den Jobverlust. Es gibt viele Bitten um Einmalzahlung, damit die Leute ihre Miete bezahlen können.“ Die Probleme hätten sich verlagert, sie seien aber nicht weniger geworden, heißt es bei den VinziWerken.

Mehr Bedarf gibt es mittlerweile auch bei Unterstützungsangeboten wie der allabendlichen Gratis-Lebensmittel-Ausgabe durch Ehrenamtliche aus dem VinziBus. Ähnlich wie bei den Sozialmärkten und den Kleidungsausgaben der Caritas seien durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise immer mehr Menschen auf solche Hilfsangebote angewiesen, sagen die Experten.