Wespe
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Umwelt

Steigende Temperaturen stressen Wespen

Die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen sind eine Herausforderung für wechselwarme Tiere, die schnell die Temperatur ihrer Umgebung annehmen. Grazer Biologen erkannten nun, dass der Energieverbrauch von Wespen in der Hitze stark steigt.

Wenn die Sonne auf die Erde brennt, ziehen sich die meisten Tiere in den Schatten zurück und dösen, weil die Temperatur nicht ihrem Optimum entspricht. Wespen sind wechselwarme Tiere: Sie besitzen nur geringe Möglichkeiten der internen Thermoregulation – ungeschützt im Freien entspricht ihre Körpertemperatur daher rasch der Umgebungstemperatur. Wenn sich der Temperaturbereich, dem sie im Jahresverlauf ausgesetzt sind, gegenüber dem Temperaturbereich, in dem sie existieren können, verschiebt, kann das ihr Überleben beeinflussen.

Modell für Überlebenschancen von Insekten

An der Uni Graz hat ein Team um den Biologen Helmut Kovac in einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekt den Energiehaushalt mehrerer Wespenarten in Bezug auf die Außentemperatur genauer untersucht. Die Wespen dienen dabei den Biologen als Modellorganismus für das tiefere Verständnis von Fitness und Überlebensmöglichkeiten von Insekten in einer sich aufgrund der globalen Erwärmung ändernden Umwelt.

Die Grazer Forscher konzentrierten sich auf Feldwespen: „Feldwespen bauen im Gegensatz zu den gemeinen Wespen, die wir alle kennen, relativ kleine Nester mit bis zu maximal 100 Individuen, die offene Waben haben und deshalb für Verhaltensstudien gut einsehbar sind“, erklärt Projektleiter Kovac. Außerdem nehmen diese Insekten eine Sonderposition ein, was die Regulation ihrer Körpertemperatur angeht, wie der Biologe erläutert: Feldwespen sind eine Art Zwischenstufe bei den Insekten. Bienen sind in der Lage, ihre Körpertemperatur aktiv auf bis zu 45 Grad zu erhöhen; sie leben die meiste Zeit über ektotherm, sind aber sehr wohl in der Lage, ihre Körpertemperatur beim Fliegen, Sammeln oder beim Attackieren von Feinden zu erhöhen.

Arten, die aus dem Süden kommen

Im Forschungsprojekt wurden drei Arten untersucht: Die in Österreich weitverbreitete gemeine Feldwespe, Polistes dominula, die sehr anpassungsfähig ist und auch auf andere Kontinente verschleppt wurde, und die Schwesternart Polistes gallicus, deren Verbreitung auf den mediterranen Raum beschränkt ist. Als dritte Art wählte man eine Bergwespe, die erst in Höhen über 1.000 Metern vorkommt. „Alle diese Arten kommen ursprünglich aus dem Süden, aus wärmeren Regionen“, so der Forscher.

Atmung kontrolliert

Will man die Überlebensfähigkeit von heimischen Insekten beurteilen, ist das Wissen über ihren Energiebedarf bei unterschiedlichen Temperaturen und ihrer kritischen Temperaturgrenzen wichtig. Kovac wollte herausfinden, wie viel Energie die Tiere verbrauchen – dazu überwachte das Forscherteam, wie viel CO2 die Tiere abgeben, indem ihr Atemgas aufgefangen und analysiert wurde.

Dazu wurden die Tiere kurzzeitig in einer Messkammer gehalten und ihre Atmung und Körpertemperatur gemessen; zusätzlich haben die Forscher die Tiere in ihrem Lebensraum mit Video- und Infrarotkameras aufgenommen und anschließend ausgewertet, wie aktiv die Tiere waren und wie hoch ihre Körpertemperatur war.

Erwärmt sich die Umwelt, brauchen Wespen mehr Futter

Für Feldwespen muss es mindestens 20 Grad haben, damit sie fliegen und sammeln können. Die Auswertungen zeigten, dass bei höherer Umgebungstemperatur der Energieumsatz stark anstieg. „Wir beobachteten einen exponentiellen Zusammenhang zwischen Umgebungstemperatur und Energieverbrauch“, schildert der Projektleiter.

Eine höhere Außentemperatur hat laut den Forschern also Konsequenzen: Erwärmt sich die Umwelt, können die Tiere zwar häufiger ausfliegen, sie müssen aber auch mehr Futter sammeln, um den höheren Energieverbrauch abzudecken.

Ausreißer Bergwespe

Während dieser Zusammenhang von Energiebedarf und steigenden Temperaturen bei der gemeinen Feldwespe aus Österreich und bei der mediterranen Art aus Italien annähernd gleich war, zeigte sich bei der Bergwespe ein stark reduzierter Energiebedarf. Die Forscher haben auch eine Erklärung dafür: „Wir führen das darauf zurück, dass die alpinen Wespen durch die niedrigere Außentemperatur in ihren Möglichkeiten, Nahrung zu sammeln, eingeschränkt sind“, vermutet der Forscher.

Kovac betont, dass Prognosen über die Auswirkungen der Klimaerwärmung für die Insekten weiterhin schwierig sind: Laut dem Forscher müsse man „wirklich jede Art genau analysieren; noch ist schwer zu sagen, welche Arten wie gefährdet sind“.

Grundlage für zukünftige Forschungspartnerschaften

Wespen seien nicht nur als Modellorganismus interessant, sondern nehmen im heimischen Ökosystem eine vielfach unterschätzte Rolle ein, indem sie Larven von Motten und ähnlichen Tieren fressen und so für die Landwirtschaft als Nützlinge gelten, wie Kovac betont. Das vom FWF geförderte Projekt, an dem Kovac mit seinen Kollegen Helmut Käfer und Anton Stabentheiner arbeitet, umfasst auch Untersuchungen zum Energiehaushalt der Wespenköniginnen, die Auswertungen laufen noch. In einem Folgeprojekt will das Forscherteam das Brutverhalten sowie die Larven und Puppen genauer untersuchen.

Die Erkenntnisse der Grazer Gruppe über den Stoffwechsel sollen künftig auch als Grundlage für Forschungspartnerschaften mit Gruppen dienen, die auf Klimaforschung spezialisiert sind. „Dann können wir genauere Prognosen abgeben, welche Arten gefährdet sind und welche vielleicht sogar von höheren Temperaturen profitieren“, schließt Kovac.