Vor 35 Jahren kam es im Atomkraftwerk von Tschernobyl zum bisher schwersten Unfall in der Geschichte der Kernenergie: Um 1.23 Uhr explodierte einer der vier Reaktorblöcke und schleuderte radioaktives Material in die Atmosphäre. Große Teile Russlands, Weißrusslands und der Ukraine wurden verseucht, weite Landstriche rund um Tschernobyl sind bis heute unbewohnbar.
Die radioaktive Wolke zog bis nach Mitteleuropa und verstörte auch in der Steiermark die Menschen: Kinder durften nicht im Freien spielen, es gab ein Weideverbot für Tiere, und auch vor dem Verzehr von Schwammerln wurde gewarnt.
Nachweisbar heißt nicht gesundheitsgefährdend
35 Jahre später ist etwas weniger als die Hälfte des radioaktiven Materials in den Waldböden abgebaut, Cäsium-137 ist aber immer noch messbar, sagt Ewald Plantosar, der Strahlenschutzbeauftragte des Landes Steiermark: „In Schwammerl ist es noch nachweisbar und auch in Wildfleisch – nachweisbar heißt aber nicht automatisch gesundheitsgefährdend: Wenn man einen normalen Konsum von Lebensmitteln hat – man ernährt sich ja nicht ausschließlich von Schwammerln – ist eine gesundheitliche Gefährdung nicht da.“
Wiederholung in Krsko „äußerst unwahrscheinlich“
Dass sich ein Super-GAU dieses Ausmaßes im slowenischen AKW Krsko – wo derzeit die Betriebsverlängerung geprüft wird – wiederholen könnte, hält Plantosar für höchst unwahrscheinlich: „Dieses Szenario ist aufgrund der Konstruktion, des Baus äußerst unwahrscheinlich. Diese plötzliche Explosion und die Freilegung des Kerns, das die Biosphäre direkt in den Reaktorkern reinschaut quasi, das ist äußerst, äußerst unwahrscheinlich. Das hat sich in Tschernobyl ergeben aufgrund der Konstruktionsweise und vieler fataler Fehler.“
35 Jahre Tschernobyl
Vor 35 Jahren ist im Atomkraftwerk in Tschernobyl in der heutigen Ukraine ein Atomreaktor explodiert. Auch heute noch sind die Böden in der Steiermark belastet, und auch Radioaktivität, die auf die Katastrophe zurückzuführen ist, ist immer noch nachweisbar.
Die österreichische Bundesregierung setzt sich gegen eine Betriebsverlängerung des AKW Krsko nach 2023 ein; vorerst gibt es zumindest ein bilaterales Abkommen, wonach Zwischenfälle frühzeitig Österreich gemeldet werden, etwa zuletzt, wenn aufgrund eines Erdbebens ein Reaktor abgeschaltet wird.
Im Fall des Falles: Experte schließt Evakuierungen aus
Auch bei einem schweren Zwischenfall wäre somit Zeit, um Vorkehrungen zu treffen, erklärt Ewald Plantosar: „Auch in Fukoshima war die Radioaktivität nicht sofort da, es hat sich aufgebaut. Die Radioaktivität – sollte es wirklich zu einem schweren Zwischenfall kommen – ist nicht automatisch in der Luftströmung, die eventuell nach Österreich zieht – sondern das baut sich auf, und man rechnet, dass sich das Stunden und Tage hinentwickelt. “
Dann würde der Strahlenalarmplan des Landes Steiermark wirksam werden: Evakuierungen in den südlichen Landesteilen schließt der Experte aus – die dafür notwendigen Schwellenwerte würden auch bei Worst-Case-Szenarien aufgrund der Entfernung nicht erreicht werden.
Katastrophe jährt sich zum 35. Mal
Die Ukraine gedenkt am Montag der Opfer der verheerenden Explosion im damals noch sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl am 26. April 1986, größere Veranstaltungen zum 35. Jahrestag sind wegen der Pandemie aber nicht geplant.
Das Unglück gilt als die größte Atomkatastrophe der zivilen Nutzung der Kernkraft. Es gab Tausende Tote und Verletzte. Landstriche um die Atomruine wurden gesperrt. Ungeachtet dessen war eine Abkehr von der Atomenergie aber weder in der Ukraine noch im Nachbarland Russland je ein größeres Thema. Heute organisieren Reiseanbieter Touren in die Sperrzone. Immer wieder sorgen dort auch Wald- und Flächenbrände für Aufsehen, bei denen radioaktive Teilchen aus dem Boden wieder aufgewirbelt werden. Die Ukraine will das Gebiet zunehmend wirtschaftlich nutzen. Im Juli soll dort ein Atommüllzwischenlager in Betrieb gehen.