Gipsfuß
Dominique Hammer/ORF.at
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Coronavirus

Deutlich weniger Kinderunfälle im CoV-Jahr

Die Pandemie hat auch Auswirkungen auf die Zahl der Kinderunfälle: In der Steiermark ging sie laut Experten im Vorjahr um rund ein Drittel zurück. Allerdings habe in dieser Zeit auch die Sportlichkeit der Kinder gelitten, was wieder zu Unfällen führen könnte, hieß es.

Bei der Analyse der in steirischen Krankenhäusern behandelten Kinderunfälle im Altersbereich bis 16 Jahre für das Jahr 2020 zeigte sich im Vergleich zu 2018 und 2019 eine unterschiedlich stark ausgeprägte Reduktion der Unfallzahlen: Knapp 17 Prozent bei den bis zu Vierjährigen, aber minus 43 Prozent bei den Zehn bis 14-Jährigen, fasste der Verein „Große schützen Kleine“ in einem Fokusreport zusammen.

Wegen Einschränkungen im Freizeitbereich

Peter Spitzer, Leiter des Forschungszentrums für Kinderunfälle beim Verein „Große schützen Kleine“, führte das auf die Einschränkungen im Sport und Freizeitbereich und die deshalb geringen Unfallmöglichkeiten für ältere Kinder und Jugendliche zurück. Burschen waren von Unfällen übrigens deutlich öfter betroffen (58 Prozent) als Mädchen. „Der Anteil der schweren Verletzungen ist etwas angestiegen – von 29 auf 34 Prozent“, führte Spitzer weiter aus.

Laut Holger Till, Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie und Präsident des Vereines wurden in den Spitälern vor allem mehr Knochenbrüche (von 20,4 auf 23,4 Prozent gestiegen) und leichte Schädel-Hirn-Traumata (von 3,4 auf 4,5 Prozent gestiegen) behandelt. Während Kopfverletzungen und solche an Armen und Händen gestiegen sind, ist der Anteil der verletzten Beine und Füße jedoch zurückgegangen.

Großteil der Unfälle passierte zuhause

Über alle Altersgruppen der Kinder- und Jugendlichen hinweg ereigneten sich mehr als die Hälfte der Unfälle im eigenen Zuhause. „Die Verlagerung der Bewegungsmöglichkeit in Haus und Garten führte dort auch zu einem anteilsmäßigen Anstieg, so zum Beispiel bei den Trampolinunfällen“, führte Spitzer an. Die Zehn- bis Vierzehnjährigen erreichten bei den Unfällen zu Hause den größten proportionalen Zuwachs von bisher knapp 30 auf 48,3 Prozent.

„Viele Bagatellunfälle nicht gesehen“

Dass die Anzahl der im Spital medizinisch abgeklärten Verletzungen zurückging, dürfte im gewissen Maß auch die Unsicherheit über die Erreichbarkeit der Klinik bzw. Angst der Eltern vor Infektionen widerspiegeln. „Wir gehen davon aus, dass wir viele Bagatellunfälle nicht gesehen haben“, sagte Spitzer.

Aus einer Onlineumfrage unter 273 Eltern von Kindern bis 14 Jahren zu Unfällen ihrer Kinder während des Lockdowns habe rund ein Viertel der Befragten angegeben, dass ihr Nachwuchs währenddessen einen Unfall erlitt, wobei diese in 46 Prozent der Fällen von den Eltern selbst versorgt wurde. Rund ein Drittel der Eltern, welche die Verletzung zu Hause versorgten, wären ohne der CoV-Situation zum Arzt oder ins Spital gegangen.

Negative Seiteneffekte

Die Reduktion der Unfallzahlen lässt die Grazer Kindermediziner insgesamt nicht jubeln: Sie betrachten die situationsbedingten Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten mit einem „weinenden Auge“, wie Till es formulierte. „Vereinssport, Schulsport, Freizeitaktivitäten in der Gruppe oder in Mannschaften – alles war, wenn überhaupt, nur eingeschränkt möglich.“ Das gebe „negative Impulse auf die vielfältigen Aspekte der Gesundheit der jungen Generation“.

Wie sich der Lockdown und die Beschränkungen rundherum physisch wie psychisch ausgewirkt haben, sei noch Gegenstand vieler Studien oder müsse noch untersucht werden. Beispielhaft angeführt wurden mögliche „Seiteneffekte“ wie etwa „mehr Speck auf den Hüften“, muskuläre Haltungsverspannungen und Koordinationsprobleme durch den Bewegungsmangel.