Zebrafisch
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Wissenschaft

Aggressivität von Zebrafischen erforscht

Für Tiere, die in Gruppen leben, ist die Fähigkeit, sich gegen ihre Artgenossen durchzusetzen, entscheidend. Wie man das aggressive Verhalten von Zebrafischen genetisch dämpfen kann, erforschte Florian Reichmann von der Med-Uni Graz.

Laut Florian Reichmann vom Otto Loewi-Forschungszentrum ist Aggression ein Verhaltensmerkmal, das durch die Absicht gekennzeichnet ist, anderen zu offensiven oder defensiven Zwecken Schaden zuzufügen. Neben unterschiedlichen Lebenserfahrungen scheint der Grund, warum manche Menschen ein eher aggressives Verhalten an den Tag legen und andere nicht, auch in individuellen genetischen Unterschieden zu liegen – so seien in Studien bereits gewisse Gene mit aggressivem Auftreten in Verbindung gebracht worden. Dabei zeigt sich, dass Menschen mit Mutationen in diesen Genen öfter aggressiv sind als Menschen ohne diese Gendefekte. Die Prozesse im Gehirn, die zu dieser erhöhten Aggressivität führen, sind allerdings weitgehend unbekannt.

Das Zusammenspiel von Aggressivität und Genetik

In seinem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt untersuchte Reichmann in Zebrafischen – die ein breites Spektrum an Verhaltensweisen haben und mit relativ einfachen Mitteln genetisch verändert werden können – die Rolle von Genen für aggressives Verhalten. Er züchtete gezielt aggressive Fischlinien und erhob die Konsequenzen dieser Interventionen in ihrem Verhalten und ihrer neuronalen Aktivität. Als Schrödinger-Stipendiat des FWF forschte der Steirer zwei Jahre in der Arbeitsgruppe von Will Norton an der University of Leicester in England.

Histamin-Rezeptor könnte eine Rolle spielen

Bei der natürlichen Regulation von aggressivem Verhalten spielen Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin eine wichtige Rolle. Die physiologische Rolle des Gewebshormons Histamin, das an vielen physiologischen Vorgängen beteiligt ist, ist in puncto aggressives Verhalten bisher unklar. Die Ergebnisse von Reichmann deuten jedenfalls darauf hin, dass der Histamin-Rezeptor bei Zebrafischen eine Rolle bei der Aggressionsmodulation spielt.

Reichmann filmte in seinen Experimenten Fische mit und ohne H3-Rezeptor mit hochauflösender Kamera und beobachtete bei den H3-Mutanten Folgendes: „Schon im Alter von vier Tagen zeigten sich die Individuen im freien Schwimmen wenig beweglich und ängstlicher. Auf einen bedrohlichen Videostimulus reagierten die Fische ohne H3-Rezeptor ebenfalls schreckhaft und ängstlich, wobei die erwachsenen H3-Mutanten im Vergleich zu den jungen noch weniger aggressiv sind.“

Aggression bei Fischen vererbbar

Da die Jungfische der Zebrabärblinge transparent sind, konnte ihre Gehirnaktivität mit Hilfe einer leuchtenden Markersubstanz unter dem Mikroskop gemessen werden. Bei erwachsenen Fischen mit und ohne H3-Rezeptor wurden Aktivitätsunterschiede in zahlreichen Gehirnarealen nachgewiesen.

Weiters stellten die Forscher fest, dass aggressives Verhalten bei den Fischen vererbt werden kann: Sie haben über vier Generationen hinweg jeweils die aggressivsten und die friedfertigsten Fische verpaart. Danach haben sie in der Gesamtheit des Erbguts, mittels RNA-Sequenzierung nach Unterschieden in der genetischen Aktivierung gesucht. Das Ergebnis: Die beiden Linien unterschieden sich in rund 500 Genen.

Die Analyse deute darauf hin, dass Gene, die mit dem Immunsystem zu tun haben, relevant sind und in aggressiven Fischen stärker ausgeprägt sind. Ein Gen für den Arsen-Metabolismus, das noch wenig charakterisiert ist, war dabei am signifikantesten. Beim Menschen sei dieses Gen auch in Zusammenhang mit dem Krankheitsbild Schizophrenie bekannt.

Arbeitsgruppe an Med-Uni Graz geplant

Zusammengefasst habe das Projekt gezeigt, dass Aggression in Zebrafischen eine starke genetische Basis hat. „Ich erwarte mir, dass die neuen Zebrafischlinien, die innerhalb dieses Projektes kreiert wurden, und auch die gefundenen aggressionsassoziierten Gene unser derzeitiges Wissen über die genetische Basis von Aggression über die kommenden Jahre erweitern und möglicherweise die Entwicklung neuer, besserer Antiaggressionsmedikamente vorantreiben“, wie Reichmann in seinem Endbericht zusammenfasste. An der Med-Uni Graz möchte er eine eigene Zebrafisch-Arbeitsgruppe etablieren.