„Stolpersteine“
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Wissenschaft

Digitale Erinnerungskarte für NS-Opfer

Die Uni Graz hat eine digitale Landkarte mit Gedenkorten für NS-Opfer erstellt: Darauf sind Hunderte Orte abgebildet und dokumentiert, die an Opfer, Widerstandskämpfer und Ereignisse während des Nationalsozialismus erinnern.

Die Digitale Erinnerungslandschaft Österreichs (DERLA) soll dokumentieren und vermitteln. Die Universität Grazhat hat das Onlineangebot gemeinsam mit Kooperationspartnern und -partnerinnen erarbeitet und jetzt, zum Gedenken an die Pogromnacht von 9. auf 10. November veröffentlicht. Dokumentiert werden Erinnerungsorte und -zeichen für Opfer sowie die Orte des Terrors des Nationalsozialismus in Österreich. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und die Erinnerung an ihn und seine Opfer stehen im Mittelpunkt.

Jeder Klick ein Schicksal

Die Geschichte von Melanie Lachs ist dabei nur eine von vielen: Sie lebte in der Volksgartenstraße in Graz. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1939 mussten sie und ihr Ehemann Adolf die Stadt verlassen, sie verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Nach einer qualvollen Odyssee wurde sie 1944 in Auschwitz ermordet. An ihr Schicksal erinnert heute vor ihrem ehemaligen Wohnhaus eine kleine Plakette – dieser Stolperstein sowie viele weitere Mahnmale und Gedenktafeln an Opfer des NS-Terrors sind auf der Webplattform zugänglich.

Mehr als 1.000 Biografien und 540 Orte zeichnen allein in der Steiermark Spuren von Opfern, Widerstandskämpferinnen und -kämpfern und Ereignissen während des Nationalsozialismus nach. Die interaktive Karte führt unter anderem zu der Hinrichtungsstätte am Landesgericht in Graz, den KZ-Außenlagern in Bretstein und Aflenz sowie dem zerstörten jüdischen Betraum in Leoben.

Karte wird laufend erweitert

Projektleiter Gerald Lamprecht, Leiter des Centrums für Jüdische Studien an der Universität Graz, erklärt: „In einer ersten Stufe sind derzeit die Erinnerungszeichen in der Steiermark und in Vorarlberg erfasst, an Tirol und Kärnten arbeiten wir intensiv. Das Burgenland steht in den Startlöchern. Wien folgt 2023.“

Neben einem Archiv der Namen mit näheren biografischen Informationen werden auch spezielle kuratierte Routen angeboten, um etwa an die Todesmärsche ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen durch die Steiermark zu erinnern.

DERLA auch im Unterricht

Ein weiterer zentraler Bestandteil des Projektes sei die Vermittlung an Jugendliche. „DERLA bietet zahlreiche digitale Angebote an. Das historische Lernen kann sowohl vor Ort als auch im Klassenzimmer erfolgen“, unterstreicht der Zeithistoriker. Gedächtnisorte, Denk- und Mahnmäler, Gedenktafeln, Gedenkstätten sowie Straßenbezeichnungen nach Widerstandskämpferinnen und -kämpfern und Opfern des NS-Regimes seien die Materialisationen des Geschichtsbewusstseins im Alltag. Und Opfer und Ereignisse dürften nicht in Vergessenheit geraten.