Die Papierindustrie spaltet Holz in seine Bestandteile und produziert daraus Zellstoff, Papier und Karton. Dabei fallen weltweit jährlich rund 50 Millionen Tonnen Lignin an – ein Stoff aus der pflanzlichen Zellwand, der die Zellen verholzen lässt. Bislang war dieses Lignin ein reines Abfallprodukt, das größtenteils verbrannt wurde.
Vom Abfallprodukt zum vielversprechenden Kunststoff
Zur Schonung von Umwelt und Ressourcen rückt dieser bisher meist energetisch genutzte Bestandteil nunmehr ins Rampenlicht der Forschung: Forschende an der Universität Graz haben eine Methode entwickelt, mit der aus besagtem Lignin chemische Bausteine für Kunststoffe hergestellt werden können. „Es ist uns gelungen, aus Lignin-Mischungen ein spezielles hochwertiges Diamin zu gewinnen, eine Stickstoffverbindung, die in der Industrie eine wichtige Rolle spielt“, berichtet Katalin Barta, Chemikerin an der Universität Graz.
Einsatz im Karosserie-Bau denkbar
Aus diesem Kunststoffmolekül könnte von den Forschern eine vielversprechende Polymerklasse hergestellt werden: „Deren Eigenschaften deuten darauf hin, dass sie als widerstandsfähige Kunststoffe dienen könnten, mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, wie zum Beispiel für Karosserie-Teile“, erklärt die Chemikerin.
Die Methode sei jedenfalls sehr effizient, gewährleiste eine einfache Produktion und lasse sich eventuell auch im industriellen Maßstab anwenden, hofft die Chemikerin, die vor rund einem Jahr von der niederländischen Universität Groningen nach Graz gewechselt ist.
Reduktion fossiler Substanzen als Forschungsziel
Ein besonderer Fokus der Forschung der gebürtigen Slowakin, die in Aachen promovierte, liegt auf der Katalyse von Biomasse mit dem Ziel, dass weniger Nebenprodukte entstehen, Reaktionsprozesse effizienter ablaufen und schließlich der Einsatz fossiler Substanzen reduziert wird.
Eine von ihrem Team entwickelte „grüne“ Methode zur Aufspaltung von Holz in Cellulose und Lignin wurde bereits im September dieses Jahres im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht. Statt organischer Lösungsmittel, die CO2-intensiv und toxisch sind, hat die Chemikerin einen Weg gefunden, wiederverwendbare alternative Lösungsmittel aus erneuerbaren Ressourcen einzusetzen.