Frauenberatungsstelle „Freiraum“ Leibnitz
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„Licht ins Dunkel“

Hilfe, wenn Gewalt am Tagesplan steht

Gewalt in der Beziehung ist keine Seltenheit: Allein in der Frauenberatung Leibnitz werden mit der Hilfe von „Licht ins Dunkel“ jährlich tausende betroffene Frauen unterstützt. Der Fokus liegt dabei auf kostenloser, vertraulicher und anonymer Psychotherapie.

24-Stunden-Notrufnummern:

  • Frauenhelpline: +43 800 222555
  • Frauenhaus Graz: +43 316 429900
  • Polizei: 133

30 Morde und fast doppelt so viele Mordversuche an Frauen wurden in Österreich seit Anfang des Jahres verzeichnet – Österreich gehört damit nach Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat zu den Ländern, in welchen mehr Frauen als Männer Gewaltverbrechen zum Opfer fallen. Charakteristisch für den Tatbestand Femizid: Die Täter sind häufig bereits polizeilich erfasst und stehen zu den Frauen, denen sie Gewalt antun, in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis.

Femizide als „Endpunkt“ von Gewalterfahrungen

Beim Verein „Freiraum – das Forum für Frauenangelegenheiten“ in Leibnitz treffen sich viele Frauen mit unterschiedlichsten Problematiken. Eine davon ist Gewalt in der Beziehung, sagt Sandra Jakomini von der Frauenberatungsstelle: „Wir haben immer wieder Frauen, die wirklich von sehr starker Gewalt betroffen sind. Und Femizide sind ja quasi der ‚Höhepunkt‘ oder Endpunkt von Gewalterfahrungen.“

Gewalt kann viele Gesichter haben, sagt Eva Surmer, die ebenfalls in der Frauenberatungsstelle arbeitet: „Gewalt beginnt damit, dass sich ein Machtgefälle herausentwickelt. Es gibt einen – meistens ist es der Mann – in der Beziehung, der gescheiter, stärker, besser ist und glaubt, er kann über die andere Person herrschen – über die Frau und über die Kinder.“

3.000 Frauen jährlich unterstützt

Ein Merkmal von gewalttätigen Beziehungen ist, dass sich die Gewalt mit der Zeit in der Beziehung immer mehr zuspitzt. Statistisch ist jede fünfte Frau davon betroffen. In der Frauenberatungsstelle in Leibnitz gibt es mit Hilfe von „Licht ins Dunkel“ im Jahr 600 Einzelberatungen und im Journaldienst bis zu 3.000 Frauen jährlich, die unterstützt und beraten werden. Mit Aufklärung, psychologischer Hilfe und dem Aufzeigen neuer Wege schaffen es manche Frauen, sich aus gewalttätigen Beziehungen zu lösen.

So erzählt etwa eine Frau, die anonym bleiben möchte: „Er hat mich angegriffen und geschrien, und ich war alles außer ein Mensch.“ Und eine andere Frau schildert: „Dass er mir den Selbstwert genommen hat, dass er mich geschlagen hat und dass einfach jeden Tag Beleidigungen und Beschimpfungen am Tagesplan waren.“

„Ich habe eigentlich keine Kraft mehr gehabt“

Diese beiden Frauen haben lange mit sich gerungen und um ihre Beziehungen gekämpft – der Weg hinaus war kein leichter, erzählen sie: „Wir haben in ein paar Stunden mein Leben in Müllsäcke gepackt und sind weggefahren.“ Die zweite Frau ergänzt: „Ich habe eigentlich keine Kraft mehr gehabt, ich war kraftlos. Und daher hat es wahrscheinlich so lange gedauert, weil ich nie die Kraft gefunden habe, diese Schritte zu unternehmen, die ich heuer gemacht habe.“

Beide Frauen betonen, dass das Verlassen der gewalttätigen Beziehung im Nachhinein der absolut richtige Schritt war. Nicht immer aber könne man helfen, so Surmer: „Ich habe zum Beispiel eine Frau beraten, die war schon da, wie sie schwanger war, und die mich gefragt hat, was sie jetzt tun soll. Und letzten Endes ist das Mädchen inzwischen elf Jahre alt – und die Geschichte ist immer noch die selbe, und auch die Antwort ist immer die selbe: Du musst es selbst machen, es kann niemand anders für dich machen.“

Hoffnung auf glückliche Partnerschaft

Dabei spiele besonders die Hoffnung auf ein besseres Leben eine bedeutende Rolle, wie Surmer erklärt: „Weil es immer auch noch nach Jahren die Hoffnung gibt, dass der Mann sich verändert und dass es eine glückliche Einigung gibt, und eigentlich sehnen sich alle nach Harmonie und wollen mit ihrem Partner in Glück und Zufriedenheit leben.“

Gewalt ziehe sich dabei durch alle Gesellschaftsschichten: „Ich sehe kulturell oder von der Bildung her keine Unterschiede. Meine persönliche Meinung ist: Je größer die finanzielle Abhängigkeit von jemand anderen ist, desto größer ist der Nährboden für Gewalt.“