Regenwald
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Wissenschaft

Regenwald: Winzlinge beeinflussen Wetter

Unscheinbare Moose und Flechten in Regenwäldern tragen dazu bei, dass Schadstoffe gebunden und die Selbstreinigung der Atmosphäre funktioniert – dies fanden Forschende der Uni Graz im Amazonasgebiet heraus.

Dass die Regenwälder für das globale Klima ganz entscheidend sind, ist bekannt – doch nicht nur die gewaltigen Laubkronen, sondern auch die viel unscheinbareren Moose und Flechten tragen dazu bei.

In Zeiten des Klimawandels nicht zu unterschätzen

Im Schatten der riesigen Bäume und des Unterwuchses in Regenwäldern kann man sie leicht übersehen: die Flechten und Moose, die einen Großteil der Baumstämme, Lianen und teilweise auch selbst die Blätter der immerfeuchten Wälder der tropischen Klimazone überziehen. Weltweit tragen sie zu etwa sieben Prozent zur Bindung von schädlichem Kohlendioxid bei, bei Stickstoff betrage die Bindung sogar rund 50 Prozent, teilte die Universität Graz mit.

In Zeiten des Klimawandels dürfe daher deren Bedeutung keinesfalls unterschätzt werden, betont Bettina Weber, Professorin am Institut für Biologe der Universität Graz: Die Biologin hat mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz sowie des brasilianischen Instituto Nacional de Pesquisas da Amazônia in Manaus die Situation in Regenwäldern über einen Zeitraum von zwei Jahren (2016 und 2018) untersucht und die Erkenntnisse im Journal „Nature Communications Earth & Environment“ publiziert.

Regenwald mit Wasserfall
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Hochgerechnet ähnliche Werte wie bei Bäumen

„Wir messen vom Regenwald emittierte flüchtige organische Verbindungen in verschiedenen Höhen“, berichtete Jonathan Williams, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz. „Wenn man die Menge der Emissionen von Moosen und Flechten hochrechnet, kommt man auf ähnliche Werte wie bei den Bäumen“, resümiert Achim Edtbauer, Wissenschafter am Max-Planck-Institut für Chemie und Erstautor der Studie.

Wie die Forschenden erkannten, produzieren Moose und Flechten erhebliche Mengen chemischer Verbindungen vom Typ Sesquiterpenoid. Diese reagieren rasch mit Ozon und bilden sauerstoffhaltige Verbindungen sowie Partikel in der Luft. Insgesamt beeinflussen diese Vorgänge die Wolkenbildung und den Niederschlag, sie stoßen außerdem die Selbstreinigungskraft der Erdatmosphäre an. Hochgerechnet auf die weltweite Fläche von tropischen Regenwäldern dürften demnach Flechten und vor allem Moose, die fast zehn Mal so viel wie die Flechten emittieren, substanziell zu den globalen Emissionen von Sequiterpenoiden beitragen.

Regenwald Amazonas
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Folgestudien wichtig

Folgestudien, die den Austausch der flüchtigen organischen Verbindungen von Moosen und Flechten unter kontrollierten Laborbedingungen messen, seien wichtig, hielt Bettina Weber fest: Sie will weiter klären, welche Rolle Temperatur, Licht und Luftfeuchte bei der Freisetzung der Sesquiterpenoide spielen. Dadurch könnten deren Emissionen in Atmosphären- und Klimamodelle integriert werden, um zum Beispiel die Auswirkungen von Trockenheit auf den Regenwald genauer abzubilden.

„Bremsen die Wüstenbildung“

Dass eine Gemeinschaft aus Moosen, Flechten, Pilzen, Cyano- und anderen Bakterien für die Befestigung von Böden in Trockengebieten sehr wesentlich sind, wurde bereits erkannt. Das bestätigt auch Bettina Weber aufgrund ihrer Forschungsarbeit: „Sie fixieren nämlich sehr effektiv das Substrat und bremsen hierbei die Wüstenbildung. Zum Beispiel umschließen Pilze und Cyanobakterien Sandkörner und verkleben diese mit Schleim“. Damit würden sie die Abtragung durch Winde verhindern, Nährstoffe einbringen und zugleich die Grundlage für andere Pflanzen schaffen.