Grazer Forscher in der Arktis
Universität Graz
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Wissenschaft

Grazer Polarexpedition auf Wegeners Spuren

Fast 100 Jahre alte Daten sind der Ausgangspunkt für eine Polar-Expedition der Uni Graz: Im Sommer wollen Forscherinnen und Forscher Messungen wiederholen, die der bekannte Wissenschaftler Alfred Wegener Anfang der 30er-Jahre in Grönland gemacht hat.

Alfred Wegener war Mitte der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts Lehrender an der Universität Graz. 1929 brach der gebürtige Berliner zu seiner dritten Grönland-Expedition auf, Ziel war es, das Wetter und Festlandeis zu untersuchen. Im November 1930 starb er – vermutlich an Überanstrengung – im Eis, sein Tagebuch ist bis heute verschollen.

Alte Daten vorhanden

Einige Ergebnisse sind aber gut dokumentiert und schlummern im Archiv der Uni Graz: „Man hat Tabellen gefunden von den einzelnen Pegelmessungen, und man hat die Temperaturmessungen nachvollziehen können. Es sind die originalen Streifen von den Strahlungsmessgeräten wirklich reproduzierbar, und das sind wirklich ganz einzigartige Daten“, erzählt Polarforscher Jakob Abermann.

Einige der damaligen Messergebisse wurden an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Dänemark weitergereicht – sie fließen heute in die dortige Forschung ein. Sie gaben aber auch den Anstoß für eine neue Polarexpedition auf den Spuren Alfred Wegeners in Grönland, so Abermann: „Fast 100 Jahre später gehen wir wieder hin und nutzen diesen Glücksfall, dass wir genau wissen, bis zu welchen Punkten die Messungen gemacht worden sind. Was wir halt jetzt haben, ist ein Jahrhundert an sehr geänderten Gletscherbedingungen, das dazwischen liegt.“

Gletscher – Atmosphäre, Atmosphäre – Gletscher

Im Sommer führt die Expedition Gletscherforscher Jakob Abermann und sein Team der Uni Graz wieder in den Nordwesten Grönlands: Sie werden dort – wie seinerzeit Wegener – Messungen der Atmosphäre und des Eises durchführen, „um eben diesen Zusammenhang herauszuarbeiten, was macht der Gletscher mit der Atmosphäre, und was macht die Atmosphäre mit dem Gletscher“.

Wissenschaftlich besonders interessant ist der Vergleich alter und neuer Daten deshalb, weil 1929/30 in Grönland eine Warmphase ähnlich der heutigen herrschte. „Es ist auch dokumentiert, das haben sie sich auch damals schon überlegt, das muss ein Sommer sein mit anormal starken Schmelzraten. Das ist natürlich ein phantastischer Zufall für unsere Forschungsfragen, die wir da haben.“

Auch damals könnte der Mensch mit seinem CO2-Ausstoß schon mitverantwortlich gewesen sein für das warme Klima, auch regionale Wetterphänomene spielen eine Rolle – warum genau es schon zu Wegeners Zeiten so warm war, könne man aber nicht genau beantworten, so Abermann. Die aktuellen Messdaten sollen aber veranschaulichen, wie sich Grönland durch die Klimaveränderung verändert.

Ergebnisse in den nächsten Jahren

Drei Wochen sind die Forscherinnen und Forscher auf der größten Insel der Welt – anders als Wegener platzieren sie mit dem Hubschrauber autonome Messsonden auf dem Eis und müssen dort nicht überwintern. Ergebnisse der Polarexpedition werden in den nächsten Jahren erwartet.

Auch Forschungsstation soll ausgebaut werden

Die Universität Graz wollte schon im Sommer 2020 eine bestehende dänische Forschungsstation im Südosten Grönlands ausbauen – wegen des Coronavirus mussten die Pläne gestoppt werden. Jetzt gibt es einen neuen Termin: Sommer 2022. Der Standort ist laut Uni Graz für Gletscher- und Klimaforschung optimal – mehr dazu in Uni Graz erweitert Forschungsstation in Grönland (17.8.2021, science.ORF.at)