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Sarah Bierbaumer
Sarah Bierbaumer

Grazer Forscher nutzen Pharma-Abfall

Bei der Herstellung von Medikamenten fällt oft viel Müll an. Das liegt daran, dass in manchen Fällen die Hälfte des Ausgangsmaterials für bestimmte Herstellungsschritte unbrauchbar ist. Durch Sonnenlicht soll daraus wertvolles Material entstehen.

Das Team rund um die Chemiker Silvia Glück und Wolfgang Kroutil der Universität Graz hat ein Verfahren entwickelt, mit dem die Effizienz in der Produktion bestimmter Pharmazeutika nun um 100 Prozent gesteigert werden kann. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachjournal „Angewandte Chemie“ veröffentlicht. Sie können ein Stück des Weges in eine klimaschonende und ressourcensparende Pharmaindustrie ebnen, so die Hoffnung der Forschenden.

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Sarah Bierbaumer

Schuld daran, dass überhaupt so viel Molekül-Abfall anfällt, ist die Struktur der eingesetzten Moleküle: „Manche von ihnen kommen in zwei Formen vor, die einander ähneln wie Bild und Spiegelbild. Während sich die eine Variante als pharmazeutischer Wirkstoff eignet, kann die andere Schaden anrichten“, schilderte Kroutil. Bisher wurde die unerwünschte Molekül-Form deshalb einfach entsorgt.

Umwandlung durch Sonnenlicht

Die Wissenschaft suchte nach Wegen, um den Molekül-Abfall auch nutzbar zu machen. Nun wurde von den Chemikerinnen und Chemikern der Uni Graz ein erster Erfolg erzielt. Zunächst werden die Moleküle in eine Art Zwischenstufe umgewandelt und zwar von Biokatalysatoren.

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Christoph Winkler

Diese umweltfreundlichen ‚Turbo‘-Teilchen sind fähig, zwischen den beiden Molekül-Formen zu unterscheiden und wandeln daher nur die bisher nicht brauchbaren Moleküle um. Dann wird in einem zweiten Schritt mit der Energie des Sonnenlichts Sauerstoff aktiviert. Dadurch kann die unerwünschte Molekül-Form gänzlich in die gewünschte umgewandelt werden. „Das Ergebnis ist zu 100 Prozent brauchbares Material bei einer völlig schadstofffreien, natürlichen Produktionskette“, sagte Glück.

Chance für nachhaltigere Pharmaindustrie

Laut Kroutil und seinem Team von Biocatalytics Synthesis der Universität Graz könnte man die Methode ganz konkret beim Arzneistoff Esomeprazol anwenden. Im Labor wird die Methode bei Mengen von bis zu 100 Milligramm durchgeführt, sie funktioniere aber auch mit größeren Mengen. Die Biokatalyse sei problemlos im größeren Maßstab machbar. Bei der Lichtzufuhr müsse man dagegen schon etwas ideenreicher sein, doch auch da gibt es Wege, etwa mit speziellen Reaktoren, um die Solarenergie nicht nur der Oberfläche zuzuführen, sagte der Wissenschafter.