Concrete 3D Betonfassaden-Elemente aus dem 3-Drucker an. Die erste innovative Betonfassade ist am ehemaligen Firmensitz von Tomaselli Gabriel Bau in der Bahnhofstraße 26 in Nenzing zu sehen.
Mathis Fotografie
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Wissenschaft

TU Graz will „Beton“ drucken

Der Bausektor birgt als Verursacher von Treibhausgasen großes Potenzial im Kampf gegen die Klimakrise – dementsprechend muss auch Beton nachhaltiger und CO2-ärmer werden. Grazer Forscher setzen nun auf 3-D-gedruckten Beton.

Beton lässt sich im Bauwesen vielseitig einsetzen, ist sehr beständig, hat aber eine verbesserungsbedürftige Umweltbilanz – vor allem die Herstellung des Betonbestandteils Zement wird kritisch diskutiert, da dabei viel CO2 freigesetzt wird. „Wenn wir das Bauen mit Beton nachhaltiger und klimafreundlicher gestalten wollen, müssen wir an neuen Betonrezepturen arbeiten und gleichzeitig Beton gezielter und smarter einsetzen“, ist sich Andreas Trummer bewusst. Er forscht gemeinsam mit Stefan Peters am Institut für Tragwerksentwurf an Leichtbaumethoden mit Beton zur gezielten Materialeinsparung.

Um die Hälfte weniger CO2

Dabei spielen filigrane Betonelemente, die aus dem 3D-Drucker kommen, eine wesentliche Rolle: Solche ausgeklügelten Betonelemente mit Wandstärken von nur zwei Zentimetern werden etwa in Dach- und Deckenkonstruktionen mit herkömmlich verarbeitetem Beton ergänzt – Beton werde nur dort eingesetzt, wo es die Tragstruktur und die Lastverteilung verlange.

„Mit gedruckten Aussparungskörpern kann so aus der Stahlbetondecke Material von bis zu 40 Prozent Volumen bzw. 50 Prozent CO2-Äquivalenten eingespart werden“, veranschaulicht Georg Hansemann – er hat sich im Zuge seiner Dissertation ausführlich mit dem Thema beschäftigt.

Wertvolle Praxiserfahrungen

Erste Praxiserfahrung konnte man bei einem Atelierdach für den österreichischen Bildhauer, Grafiker, Fotografen und Medienkünstler Hans Kupelwieser in Schloss Seehof in Lunz in Niederösterreich sammeln, es folgte die Decke einer Tiefgaragenabfahrt für eine Wohnsiedlung im bayerischen Nördlingen – die Fertigung der gedruckten Betonteile lag hier erstmals direkt bei der ausführenden Firma, das Team der TU Graz kümmerte sich um Planung, Entwurf und die Projektbegleitung. „Das war eine sehr wertvolle Kooperation für uns, denn es gibt viele Feinheiten, die erst im Baustellenprozess erkannt werden können“, so Trummer.

Deutlich klimafreundlicher

„Wir sehen großen Sinn darin, digitale Technologien, Betonleichtbau und Ressourcenschonung zu verknüpfen. Es geht nicht immer nur um schneller und billiger – hier gibt es Potenzial mit ganz klarem Nutzen für erhöhte Klimafreundlichkeit im Bauwesen. Sich hier detaillierte Gedanken über den Einsatz von zum Beispiel 3-D-gedruckten Betonfertigteilen für Tiefgaragendecken zu machen, bringt wirklich etwas“, erklärt Trummer seine persönliche Motivation, Leichtbaumethoden voranzubringen.

Stahlbewehrung wird gleich mitgedruckt

Eine Herausforderung stellt die Stahlbewehrung von Geschoßdecken mit integrierten gedruckten Betonelementen dar: Eine konventionelle Betondecke wird mit einfachen Stahlstäben oder -gittern bewehrt – bei gedruckten Leichtbaudecken mit sich kreuzenden Rippen wird es komplexer und dadurch kostspieliger. „Es sind schlicht viel mehr Handgriffe notwendig. Das war eine große Erkenntnis bei uns am Institut“, so Trummer. Seinem Team gelang es, dem Betonstrang aus dem Drucker gleich eine filigrane Stahlbewehrung beizufügen. „Wir können in die Printed Concrete Lines – in die extrudierten Betonstränge – direkt ein dünnes Stahlseil miteinziehen, sodass Bewehrung im Druckprozess direkt integriert ist“, berichtete Trummer.

Logistische Probleme

In einem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützten Projekt bearbeitet das Grazer Institut gemeinsam mit der BOKU Wien logistische Fragen rund um die vorgedruckten Betonelemente: Wie kommen die vorgefertigten Bauteile zur richtigen Zeit an den richtigen Ort an die Baustelle, und wo und wie werden sie davor gelagert? „Auf Baustellen geht es erfahrungsgemäß sehr geschäftig zu. Und diese neuen filigranen Bauelemente sind vergleichsweise empfindlich und sollten vor Ort so schnell wie möglich verarbeitet werden“, erklärt Trummer die Problemstellung.