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Politik

Regierung präsentiert Entlastungspaket

Die Regierung hat am Dienstag ihr großangelegtes Paket gegen die Teuerung präsentiert. Die größten Brocken: Nach jahrzehntelangem Hin und Her wird die kalte Progression abgeschafft, zudem wurde eine Senkung der Lohnnebenkosten angekündigt.

Insgesamt sechs Milliarden Euro sollen kurzfristig für das Paket aufgewendet werden – fünf Milliarden Euro für die Haushalte, eine Milliarde Euro für die Wirtschaft. Es werde in Sofortmaßnahmen und Strukturreformen geteilt, wobei Erstere im Laufe der kommenden Monate etappenweise ausgezahlt werden sollen. Die Strukturreformen sollen ab 2023 umgesetzt werden.

Die kurzfristigen Maßnahmen: Der Klimabonus wird für die gesamte Bevölkerung um einen „Antiteuerungsbonus“ ergänzt und von geplanten 250 auf 500 Euro angehoben. Für Kinder gibt es die Hälfte, Arbeitslose und Mindestpensionisten bekommen 300 Euro zusätzlich.

Mehr Familienbeihilfe, höherer Familienbonus

Familien sollen bereits im August eine Zusatzzahlung von 180 Euro pro Kind bekommen. Eine Reform des Familienbonus wird vorgezogen, pro Kind und Jahr soll es künftig 2.000 Euro geben. Ebenfalls über das Steuersystem soll es einen „Teuerungsabsetzbetrag“ über 500 Euro geben, der bei Erwerbstätigen und Pensionisten mit geringen Einkommen stärker wirken soll.

Pensionistinnen und Pensionisten sollen so laut Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) zwischen 500 und 1.000 Euro zurückbekommen, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ebenfalls. Familien mit Kindern profitieren mit bis zu 900 Euro pro Kind. Menschen, die keine Steuern zahlen, werde unmittelbar mit bis zu 800 Euro geholfen, auch hier würden Kinder berücksichtigt.

Statement von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP)

Die Regierung hat am Dienstag ihr nächstes Paket gegen die Teuerung vorgelegt. Der Klimabonus wird auf 500 Euro angehoben, und es gibt weitere Einmalzahlungen für Familien und finanziell Schwächere. Diverse Sozialleistungen sollen künftig automatisch an die Inflation angepasst und die kalte Progression abgeschafft werden. Insgesamt sechs Milliarden Euro sollen dafür aufgewendet werden.

Kalte Progression wird abgeschafft

Die größeren Brocken des ambitionierten Pakets sind die tiefgreifenden Steuerreformen. So soll die kalte Progression als „heimliche schleichende Steuererhöhung“ abgeschafft werden – ein Vorhaben, das sich schon viele Regierungen auf die Fahnen geschrieben haben. Dazu kündigte die Regierung die Schaffung eines Inflationsberichts an. Nach diesem sollen Mehreinnahmen des Staates zu zwei Dritteln automatisch, zu einem Drittel „manuell“ verteilt werden.

Diverse Sozialleistungen – beispielsweise Studienbeihilfe, Krankengeld und Familienbeihilfe – sollen künftig an die Entwicklung der Inflation angepasst werden. All das soll laut Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) 21 Milliarden Euro kosten, das entspreche dem Volumen mehrerer Steuerreformen. Vor allem bei den Sozialleistungen gehe es um „mehr Sicherheit“.

Statement von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)

Wirtschaft: Strompreiskompensation, steuerfreie Prämie

Auch für die Wirtschaft wird ein Paket über eine Milliarde Euro geschnürt. Hier soll es vor allem eine Strompreiskompensation sowie Zuschüsse für energieintensive Unternehmen geben. Weiters soll ermöglicht werden, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuerfrei eine Art „Teuerungsprämie“ auszahlen können. Das sei auch ein wichtiges Signal für die Lohnverhandlungen im Herbst. Auch eine Reduktion der Lohnnebenkosten über 600 Mio. Euro im Jahr soll kommen.

„Das Thema Teuerung und Inflation ist eines, das uns jetzt schon viele Monate beschäftigt“, so Nehammer. Man müsse wo möglich die Folgen der Teuerung abmildern. Die Teuerung sei ein Phänomen, das nicht so schnell verschwinden wird. Man habe entschieden, den Menschen das Geld zurückzugeben, das ihnen die Inflation genommen hat.

„Nicht mit der Gießkanne“

„Wir verteilen diese Entlastung nicht mit der Gießkanne“, so Nehammer. Man wolle punktuell entlasten, damit die Inflation nicht noch durch mehr Geld auf dem Markt angeheizt werde. Deswegen soll es strukturelle Änderungen geben. Kogler sprach mit Verweis auf die Strompreise von einer „fossilen Inflation“, daher müsse man die Energiewende vorantreiben. Das Paket müsse so rasch und treffsicher wie möglich sein und dürfe keine falschen Anreize setzen.

Rauch: Beitrag gegen Kinderarmut

Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) zeigte sich überzeugt, dass „alle diese Maßnahmen Armut bekämpfen und Armut verhindern werden“. Er sieht insbesondere einen Beitrag gegen Kinderarmut.

Statement von Sozialminister Johannes Rauch (Grüne)

Brunner: „Ein gewaltiger Wurf“

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bezeichnete die Abschaffung der kalten Progression als Frage der Fairness, denn der Staat profitiere von der starken Inflation. Die Steuerzahler würden sich damit bis 2026 abhängig von der Inflationsentwicklung 15 bis 20 Milliarden Euro ersparen. „Es ist ein gewaltiger Wurf.“

Statement von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP)

Laut Brunner soll sich rund die Hälfte des Pakets über Mehreinnahmen finanzieren, die durch Inflation und Mehrwertsteuer generiert wurden. Ein Drittel soll sich durch angekurbelten Konsum und steigende Wirtschaftsleistung selbst finanzieren. Man rechne mit 24 bis 25 Milliarden Euro an Gegenfinanzierung, der Rest ergebe einen gewissen Reformdruck.

Experte: Guter erster Ansatz

Das Paket sei ein guter erster Ansatz, findet Thomas Krautzer, Experte an der Uni Graz für Wirtschafts- und Standortentwicklung: „Es ist sicher gut, dass bei den sozial Schwachen angesetzt wird. Allerdings muss man sagen, der Staat wird sicher gut daran tun, nicht gleich zu Beginn sein ganzes Pulver zu verschießen, denn wird sind wahrscheinlich erst am Anfang einer längeren Phase.“

Denn, so Krautzer weiter, die jetzige Inflation ist noch hauptsächlich von den hohen Energiepreisen getrieben – diese Anstiege werden aber noch in weiteren Bereichen zu zusätzlichen Teuerungen führen: „Die müssen ja weitergegeben werden. Beispielsweise in der Landwirtschaft: Das Bearbeiten der Felder kostet mehr, Düngemittel werden teurer. In anderen Bereichen werden jetzt gerade erst die Energiekosten weitergegeben. Klar ist: Es ist eine Entlastungsmaßnahme. Aber diese Maßnahme wird nicht strukturell gegen die Inflation wirken, da hier andere Mechanismen dafür verantwortlich sind.“

Insgesamt erwartet Krautzer in den kommenden Monaten weitere Maßnahmen der Regierung, um die Inflation abzufedern.