Soziales

Behinderte brauchen immer häufiger Beratung

Menschen mit Behinderung haben in der Steiermark seit 2005 eine eigene Anwaltschaft. Seither habe sich die Zahl der Geschäftsfälle von rund 1.000 jährlich auf 1.800 im Jahr 2021 erhöht.

Fragen im Zusammenhang mit dem steirischen Behindertengesetz, dem Pflegegeld, der Barrierefreiheit, der Unterstützung bei der Suche nach geeigneten stationären und mobilen Angeboten, Arbeit und Bildung sowie auch Beschwerden über Personen und Institutionen standen in den vergangenen beiden Jahren im Vordergrund, wie Siegfried Suppan, Leiter der Anwaltschaft, bei der Präsentation des Tätigkeitsberichtes für die Jahre 2020 und 2021 am Donnerstag darlegte.

Mehr als 18.500 Kontakte

„Mit der Errichtung der sieben regionalen Beratungszentren ist es zu einem deutlichen Anstieg der Anliegen an uns gekommen“, unterstrich der langjährige Behindertenanwalt. In den Beratungszentren, die kostenlose, vertrauliche Beratung bieten, stehen 13 Sozialarbeiterinnen und -arbeiter und speziell geschulte Peers – Menschen mit Handicaps, die als Experten beratend tätig sind – zur Verfügung, wie Monika Klaffenböck, Leiterin der regionalen Beratungszentren schilderte.

Insgesamt kam es zu mehr als 18.500 Kontakten zwischen Beratern und Hilfesuchenden – das entspricht 7,5 Kontakten pro Anliegen, „in manchen Fällen waren es aber auch bis zu 100 Gespräche“, sagte Suppan.

Ungleiche soziale Behandlung

Unzufrieden zeigte sich Suppan über den Zustand, dass es nach wie vor „keine optimale Lösung“ für die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche für die rund 4.000 Personen in Einrichtungen und Betrieben der Behindertenhilfe („Werkstätten“) gibt. So würden den Betroffenen nicht die gleichen Rechte und Möglichkeiten eingeräumt werden, wie sie sonst unselbstständig Beschäftigte in Anspruch nehmen können: Sie erwerben keinen Anspruch auf ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen und sind lediglich unfallversichert.

Taschengeld statt Entlohnung

Sie haben laut Suppan keine eigenständige Krankenversicherung, können kein Arbeitslosengeld beziehen und sind auch nicht pensionsberechtigt, wie Suppan betonte. Für ihre Tätigkeit erhalten sie übrigens – je nach Beschäftigungsform, ein Taschengeld zwischen 68,10 und 136,20 Euro im Monat, wie im vorliegenden Tätigkeitsbericht festgehalten wurde.

„Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass diese Personengruppe eine faire Entlohnung bekommt. Eine Lösung gibt es leider immer noch nicht“, so Suppan. Die aktuelle Teuerungswelle treffe laut dem Behindertenanwalt die Menschen mit Behinderung massiver, „sie sind ohnehin doppelt so oft von Armut betroffen als andere Zeitgenossen“. Zudem werde in der Diskussion um die Zukunft der Pflege in vielen Bereichen auf Menschen mit Behinderungen und ihr Betreuungspersonal vergessen.