Kultur

„Krieg der Ferne“ beim steirischen herbst

Der steirische herbst beschäftigt sich heuer in seiner 55. Ausgabe mit dem Thema „Ein Krieg in der Ferne“. Ausstellungen, Performances und Diskussionen sollen dem Einfluss des Krieges auf unsere Gesellschaft nachspüren.

Bereits von 1. Juli bis 1. August wird es einen Prolog zum Festival geben, der sich mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine beschäftigt, hieß es bei der Programmpräsentation am Donnerstag.

Die umkämpfte Ukraine in Videokunst und Film

Das Thema war laut Intendantin Ekaterina Degot schon voriges Jahr fixiert, aber aus dem Krieg in der Ferne ist ein Krieg in der Nähe geworden. „Nach dem 24. Februar, dem Beginn des Ukraine-Krieges, wollte ich konkret sein und alles auf die Ukraine zuschneiden“, erklärte Ekaterina Degot. Daher beginne man auch schon im Sommer mit einem „wichtigen Prolog“. Von 1. Juli bis 1. August wird es in der Neuen Galerie die Sonderausstellung „Ein Krieg in der Ferne. Prolog. Die umkämpfte Ukraine in Videokunst und Film“ geben, die sich mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine beschäftigt.

Im Mittelpunkt des Festivals im Herbst wird eine andere Ausstellung stehen, die ebenfalls in der Neuen Galerie stattfinden wird. „Wir inszenieren uns hier als kunsthistorisches Museum der speziellen Art“, versprach Degot. Zu diesem Zweck habe man „die Sammlung genau unter die Lupe genommen“, schilderte Christoph Platz, leitender herbst-Kurator.

Verführung, Verhüllung, Verheißung

Als Besonderheit wird auch der alte Eingang in der Neutorgasse vorübergehend wieder geöffnet. Alles soll infrage gestellt werden, die Sammlung wird einer „subjektiven und fragmentarischen Neuinterpretation“ unterzogen. Gesucht wurde nach Spuren „ignorierter Kriege, verborgener Geschichten und unterdrückter Konflikte“. Zu diesem Zweck werden weniger bekannte Werke aus dem 19. und 20. Jahrhundert zeitgenössischen Arbeiten gegenüber gestellt.

Unter dem Titel „Kunst der Verführung“ wird es sechs Ausstellungen zum Thema „Kunst und Design“ geben, unter anderem im Kunsthaus und im Haus der Architektur (HDA). So geht beispielsweise das HDA unter dem Titel „Verhüllung und Verheißung“ dem Phänomen der Immobilienwerbung im Stadtraum anhand von Fotos, Texten und einer Installation nach.

Tradition der 1960er Jahre wieder aufgenommen

Im Forum Stadtpark wird der Filmemacher Harun Farocki im Mittelpunkt einer Ausstellung stehen. Die Schau beschäftigt sich mit den Kriegen des 20. und 21. Jahrhunderts und wird auch weniger bekannte Werke enthalten. Begleitet wird sie von Diskussionen und Gesprächen, aber auch vom „herbstkabarett“. Mit dem Kabarett wird „eine Tradition der 1960er Jahre wieder aufgenommen“, beschrieb Miriam Schmid vom Forum. Den Auftakt heuer machen Verena Dengler, eSeL (Lorenz Seidler) und Les Trucs. In einer Zusammenarbeit mit dem Literaturmagazin „manuskripte“ wird der steirische herbst eine Rubrik mit Kriegstagebüchern und -gedichten aus der Ukraine, die von Galina Rymbu ausgewählt werden, beisteuern.

Blaupause und Herbstbar

Ebenfalls wieder Teil des steirischen herbstes wird das ORF musikprotokoll, das von 6. bis 9. Oktober stattfindet und sich heuer unter dem Motto „Whodentity“ der Frage der Identität widmet. Als immer noch „stark männlich dominiertes Genre“ möchte man heuer ein Zeichen setzen und überwiegend Musik von Komponistinnen zur Ur- und Erstaufführung bringen. Fortgesetzt wird auch das herbst-Literaturfestival „Out of Joint“, konzipiert von Klaus Kastberger. Auch außerhalb von Graz ist ein dichtes Programm geplant: „Regina – Ein Fest“ nennt sich eine „partizipative und inklusive Oper“, so Autorin Angelika Reitzer, die für das Libretto verantwortlich zeichnet. Gespielt wird auf dem oststeirischen Schloss Pichl bei Mitterdorf.

Im obersteirischen Eisenerz gibt es die Ausstellung „Blaupause“, die sich mit dem Leben und Wirken des Architekten Herbert Eichholzer, der als Widerstandskämpfer von den Nazis hingerichtet wurde, beschäftigt. Das Projekt „Haus lebt“ verwandelt in Hartberg ein altes Haus in ein temporäres Kulturzentrum. Nach zwei Jahren CoV-bedingter Pause wird es heuer wieder eine Herbstbar geben, die im früheren Feinkostgeschäft, der jetzigen Sandwich-Bar Mild, in der innerstädtischen Stubenberggasse stationiert sein wird. Die Eröffnung (22.9.) findet diesmal um 17.00 Uhr am Hauptplatz statt, dann gibt es einen Performanceumzug zur Neuen Galerie.