Panzer in der Ukraine
APA/AFP/DANIEL LEAL
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Politik

Experte zu Putin: „Weitere Eskalationstufe“

Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Teilmobilmachung der Streitkräfte angekündigt und den Krieg damit auf eine neue Eskalationsstufe gehoben, ist der steirische Osteuropaexperte Benedikt Harzl überzeugt. Er wertet diesen Schritt zugleich aber als klares Eingeständnis einer politischen Niederlage.

Knapp sieben Monate ist es her, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Inzwischen sind hunderttausende Menschen geflohen, man spricht von zehntausenden Toten. Häuser, Straßen und Fabriken sind zerstört. Die Ukraine hat sich – auch mit Hilfe des Westens- deutlich stärker verteidigt als erwartet und den Russen die Gebiete, die sie besetzen wollten, nicht einfach überlassen.

„Eingeständnis einer klaren Niederlage“

Am Donnerstag kommt es nun zu einer Teilmobilmachung, wie Putin ankündigte, 300.000 Reservisten werden in Russland eingezogen – mehr dazu auch im Liveticker.

Damit sei der Krieg auch mitten in der russischen Bevölkerung angekommen, sagt Benedikt Harzl vom Zentrum für Osteuropäisches Recht der Uni Graz. Diese Teilmobilisierung mache vor allem eines deutlich: „Das Eingeständnis einer klaren politischen Niederlage für Russland, aber ganz persönlich für Wladimir Putin. Es zeigt sich, dass Putin auf der einen Seite offenkundig den Verteidigungswillen und die Entschlossenheit klar unterschätzt hat, und dass er nicht in der Lage ist, die Kriegsziele, die wir auch nicht ganz genau kennen, zu verfolgen.“

„Kompromiss in weite Ferne gerückt“

Jedenfalls sei im Ukraine-Krieg nun eine „weitere Eskalationsstufe“ erreicht, „da Putin damit auch sieht, dass mit den gegebenen Mitteln, auch mit der Truppenstärke, die Ziele nicht erreichbar sind. Und klar ist dabei auch, dass ein politischer Kompromiss, auch ein Waffenstillstand, damit in weite Ferne gerückt ist.“ Man müsse sich vielmehr darauf einstellen, dass der Konflikt weiter eskalieren werde, meint Harzl, auch wenn die Ziele Putins derzeit schwer einzuschätzen seien: „Zunächst muss man sich überlegen, was Erfolg bedeutet aus russischer Sicht und das führt uns wieder an die Frage, was sind die Kriegsziele Russlands – das ist unklar, das ist intransparent.“

Ziele im Moment noch unklar

Ebenso offen sei es, ob die Reservisten dazu eingesetzt werden sollen, die bisherigen Frontlinien zu verstärken, oder ob es andere Ziele gibt. Offensichtlich sei aber, dass der Westen die Ukraine weiter unterstützt: „Der Westen unterstützt bereits auch die Ukraine weiter und hat, denke ich, auch allen Grund, das zu tun, da es sich hier wirklich um nackte Aggression handelt. Aber nicht nur deshalb geht es um die Frage – und das steht momentan im Raum, ob Russland hierbei noch weitere Territorien annektieren wird. Es ist davon auszugehen, auch international, dass sich die Fronten hier weiter verhärten.“

Neue Flüchtlingswelle „nicht auszuschließen“

Auch die Gefahr dass wieder mehr Menschen aus der Ukraine flüchten müssen, bestehe, so Harzl: „Sollte sich diese Mobilisierung auch als militärisch effektiv erweisen und sollte es auch dazu kommen, dass Russland damit neue Angriffshandlungen setzt, gerade in Richtung Republik Moldau, ist das nicht auszuschließen. Aber es bleibt abzuwarten, was mit dieser Teilmobilisierung militärisch überhaupt erreicht werden soll.“ Entsprechende Prognosen zu treffen, sei gerade in diesem Krieg, besonders schwierig, so Harzl.