Chronik

Kindesentziehung: 18 Monate Haft für Steirer

Im Grazer Straflandesgericht ist am Mittwoch ein 44-Jähriger unter anderem wegen Kindesentziehung und sexueller Belästigung nichts rechtskräftig zu unbedingter Haft verurteilt worden. Er soll sich an einer 13-Jährigen, die er aus einer Einrichtung abgeholt hatte, vergriffen haben.

Die 13-Jährige soll den Angeklagten über eine Bekannte kennengelernt und selbst gebeten haben, sie im Jänner des Vorjahres aus einer Krisenbetreuungseinrichtung im obersteirischen Kapfenberg abzuholen und nach Graz zu bringen.

Im Zug nach Graz sexuell belästigt

Da sein Auto kaputt war, bat er einen Bekannten, ihn und das Mädchen zum Bahnhof zu bringen. Im Zug soll der 44-Jährige das Mädchen schließlich unsittlich berührt und seinen Kopf in ihren Schoß gelegt haben. Diese Vorwürfe stritt der Mann vehement ab. Sein Anwalt forderte die Videoaufnahmen aus der S-Bahn als Beweismittel für die Unschuld seines Mandanten an, außerdem wollte er die Zugbegleiterin als Zeugin hören. Sie soll zwei Reihen hinter den beiden gesessen sein.

Doch wie sich herausstellte, werden die Videoaufzeichnungen nur fünf Tage aufbewahrt, hätten also gleich nach dem Vorfall angefordert werden müssen. Das Handy des Mädchens wurde sichergestellt, doch die Mutter hatte zuvor einiges gelöscht. Eine Polizistin hatte wichtige Nachrichten fotografiert, doch auch diese sind nach einem Diensthandytausch verschwunden. Die Zugbegleiterin schließlich war nur privat unterwegs, da es so etwas in der S-Bahn nicht gebe, hieß es.

13-Jährige soll weggerannt sein

Eine Mitarbeiterin aus der Betreuungseinrichtung gab an, die 13-Jährige sei weggerannt und sie habe sie auf einem Parkplatz gesucht. Dort will sie auch den 44-Jährigen und seinen Bekannten, die in einem schwarzen Auto saßen, nach dem Mädchen gefragt haben. Doch die beiden erklärten übereinstimmend, dass sie mit der Frau nie gesprochen hätten.

Die Mutter berichtete, dass ihre Tochter schon mehrmals weggelaufen sei. Im angeklagten Fall wollte sie sich offenbar mit einem „Raffi“ in Graz treffen und brauchte jemanden, der ihr half, von Kapfenberg wegzukommen. Als die Mutter die Tochter schließlich in der Nähe des Wohnhauses fand, sei sie „sehr verstört“ gewesen.

Mehrmonatige Haft und Freispruch

„Das Opfer war glaubwürdig“, meinte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer. Der Verteidiger des 44-Jährigen war der Meinung, „eine Entführung hat sich aus den Beweisen nicht ergeben“. Er konnte sich auch einen Seitenhieb auf die Ermittler in Bezug auf das fehlende Beweismaterial nicht verkneifen: „Es wäre vieles leichter, wenn hier ordentlich und sauber gearbeitet worden wäre“, meinte er.

Der Schöffensenat sah in dem Vorfall ebenfalls keine Entführung, sondern nur eine versuchte Kindesentziehung. Auch der angeklagte sexuelle Missbrauch wurde zu sexueller Belästigung abgemildert. In Summe fasste der 44-jährige 18 Monate unbedingte Haft aus, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Freigesprochen wurde der Bekannte des 44-Jährigen – er war mitangeklagt, weil auch er – wie der Erstbeschuldigte – kinderpornografisches Material besessen haben soll. Der Gutachter entlastete den Mann aber.