Peter Seisenbacher
APA/Helmut Fohringer
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Chronik

Ex-Judoka Seisenbacher aus Haft entlassen

Der unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen zu fast fünf Jahren Haft verurteilte zweifache Judo-Olympiasieger Peter Seisenbacher ist wieder auf freiem Fuß. Er wurde am Freitag aus der Haftanstalt Graz-Karlau bedingt entlassen.

Im Fall Seisenbacher ist das Grazer Landesgericht für Strafsachen für die bedingte Entlassung zuständig. Seisenbacher, den das Wiener Landesgericht für Strafsachen im Dezember 2019 in sämtlichen Anklagepunkten für schuldig befunden und zu fünf Jahren Haft verurteilt hatte – das Oberlandesgericht (OLG) Wien reduzierte die Strafe später um zwei Monate – verbüßte seine Strafe in der Justizanstalt Graz-Karlau.

Nun wurde der 62-Jährige bedingt entlassen, das gab die Sprecherin des Landesgerichts Graz, Barbara Schwarz, am Freitag bekannt. Ein psychologischer Sachverständiger habe in seiner Prognosebegutachtung keine Einwände gegen die bedingte Entlassung Seisenbachers gehabt, so Schwarz, die Staatsanwaltschaft Graz habe dieser Begutachtung zugestimmt. Daher sei die Enthaftung verfügt worden.

Anwalt: „Es gibt nichts mehr zu sagen“

„Er wurde soeben entlassen“, bestätigte am Freitag auch Seisenbachers Anwalt Bernhard Lehofer, nachdem er unmittelbar zuvor Seisenbacher aus dem Gefängnis abgeholt hatte. Fotos von bzw. Interviews mit Seisenbacher werde es keine geben: „Er wird sich nicht mehr äußern. Alles, was er gesagt hat, hat er bei Gericht gesagt. Es gibt dazu nichts mehr zu sagen.“ Mediale Anfragen bzw. Anrufe bei Seisenbacher brächten folglich nichts, versicherte sein Rechtsvertreter: „Es wird von unserer Seite keine weiteren Stellungnahmen geben.“

Bedingte Entlassung mit Probezeit verknüpft

Das österreichische Strafrecht sieht vor, dass ein Häftling grundsätzlich frühestens nach zwei Dritteln der über ihn verhängten Freiheitsstrafe vorzeitig entlassen wird, es sei denn, „besondere Gründe“ lassen befürchten, dass er wieder straffällig wird. Die bedingte Entlassung wird mit einer Probezeit von einem bis zu drei Jahren verknüpft, während dieser sich der Betroffene wohl zu verhalten und allfällige gerichtliche Weisungen zu befolgen hat.

Verstößt er gegen Auflagen oder tritt er gar wieder strafrechtlich in Erscheinung, kann die bedingte Entlassung widerrufen werden – dann geht es zurück ins Gefängnis, um die Reststrafe abzusitzen.

Über die bedingte Entlassung Seisenbachers entschied ein Richtersenat, dieser hob auch Stellungnahmen des Leiters der Justizanstalt, der Staatsanwaltschaft und von Seisenbacher selbst ein, zudem wurde auch Einschau in den Personalakt des Häftlings sowie in die Akten des Strafverfahrens genommen. Da es sich bei Seisenbacher um einen rechtskräftig abgeurteilten Sexualstraftäter handelt, hatte auch die Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) ein Äußerungsrecht.

Sexueller Missbrauch Unmündiger

Nicht nur die Judoszene, auch weite Teile der Öffentlichkeit hatten ungläubig reagiert, als bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft Wien 2013 gegen Seisenbacher Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen aufgenommen hatte. Der Olympiasieger von 1984 in Los Angeles, der vier Jahre später in Seoul seinen Titel erfolgreich verteidigte, war nach dem Ende seiner aktiven Karriere für viele ein Idol geblieben.

1996 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. Er gründete in Wien einen eigenen Judoverein, wo es zu Missbrauchshandlungen kam, über die nicht mehr berichtet werden darf, da es sich um gerichtlich abgetane strafbare Handlungen handelt. Die Betroffenen waren zwei in den jeweiligen Tatzeiträumen noch unmündige Mädchen.

Seisenbacher hatte sich dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren zu entziehen versucht, indem er sich Ende 2016 in die Ukraine absetzte – er wurde im August 2017 in einer Wohnung in Kiew festgenommen. Erst im September 2019 wurde er ausgeliefert und an die Wiener Justiz übergeben, wo er in U-Haft genommen wurde. Die in der Ukraine verbrachte Zeit in Haft sowie die U-Haft in Wien wurden Seisenbacher auf die fünfjährige Freiheitsstrafe angerechnet.