Max Aufischer
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„Sonntagsgespräch“

Aufischer zu Katar-WM: „Zwei Seelen in meiner Brust“

Am Sonntag wird die Fußball-WM in Katar eröffnet. Im ORF Steiermark-„Sonntagsgespräch“ spricht Chefredakteur Wolfgang Schaller mit dem steirischen Menschenrechtsaktivisten Max Aufischer auch über die Frage, ob man denn diese WM nun anschauen soll.

ORF Steiermark-Chefredakteur Wolfgang Schaller: Herr Professor Aufischer, Sie sind sportlich interessiert und gleichzeitig auch seit vielen Jahren Menschenrechtsaktivist. Wie halten Sie es persönlich mit der Fußball-WM in Katar?

Max Aufischer: „Es sind zwei Seelen in meiner Brust – zum einen bin ich als Sportbegeisterter interessiert am Sport, am Fußball, an den Spielzügen, an der Dynamik, die in solchen Spielen vorherrscht, auf der anderen Seite habe ich natürlich das Problem, dass wir, wenn wir den Menschenrechtskatalog in der Summe anschauen, wir in Katar eine Summation von Negativem vorfinden, die eigentlich sehr traurig stimmt.“

Jetzt gehen gerade rund um diese Fußballweltmeisterschaft die Emotionen hoch. Dabei ist es ja im Grunde nichts Neues, dass Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele auch an Staaten, an Regionen vergeben werden, wo die Einhaltung der Menschenrechte nicht ganz oben auf der Agenda steht. Wie erklären Sie sich, dass es gerade jetzt rund um diese WM in Katar so viele Diskussionen gibt?

„Wir finden derzeit bedauerlicherweise eine Polarisierung in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Das Angenehme daran ist, dass viele sehr klar bereit sind, für Menschenrechte einzutreten und diese zu thematisieren, auch wenn es nicht so einfach und nicht so opportun ist. Und auf der anderen Seite sind natürlich die Entscheidungen da, die vor Jahren gefällt worden sind. Aber es ist eigentlich eine spannende Geschichte, weil wie wir ums Gas diskutiert haben, waren die Menschenrechte zum Beispiel nicht so ein Problem, und – auf einmal – beim Fußball ist es ein Problem. Menschenrechte sind
sowohl beim Gas als auch beim Fußball ein Problem. Das müssen wir uns einmal gewahr werden und in unseren Lebensrealität einfließen lassen.“

Aufischer zu Katar-WM: „Zwei Seelen in meiner Brust“

Am Sonntag wird die Fußball-WM in Katar eröffnet. Im ORF Steiermark-„Sonntagsgespräch“ spricht Chefredakteur Wolfgang Schaller mit dem steirischen Menschenrechtsaktivisten Max Aufischer – unter anderem über die Frage, ob man denn diese WM nun anschauen soll oder nicht.

Es waren in den letzten Wochen sehr viele Politiker auch aus Österreich in Katar, um über Gaslieferungen zu verhandeln. Dort ist es also nicht verwerflich, beim Fußball schon – wie kann man sich das erklären?

„Es gibt da das Sprichwort: Das Hemd ist einem näher als der Rock. Das bewahrheitet sich scheinbar in diesem Kontext auch.“

Bei der Vergabe von Sport-Großereignissen wird immer wieder argumentiert, dass man durch diese Großereignisse auch etwas zum Positiven verändern kann. Ist da wirklich etwas geschehen?

„Ja, wenn man das Papier anschaut – in vielen Fällen ist auch etwas passiert, das muss man wohlwollend feststellen. Die Frage ist ja immer bei Gesetzen die Einhaltung und die Kontrolle, und diese Frage ist natürlich in vielen Ländern der wunde Punkt. Das heißt, es wird etwas beschlossen, um sozusagen dem Wunsch nachzukommen, der an die Regierungen herangetragen wird – andererseits, wenn dann die Veranstaltung selbst vorbei ist, kommt wieder der gewohnte Alltag zurück, und die Einhaltung, die praktische Umsetzung usw. lässt in vielen Fällen zu wünschen übrig.“

Macht ein Fernsehboykott der Fußball-WM die Welt irgendwie besser? Diese Frage hat der ehemalige Fußballmanager und SPD-Politiker Willi Lemke immer wieder als Gegenfrage in Interviews gestellt. Hat er recht?

„Ein Boykott hat noch nie irgendwie wirklich etwas gebracht auf Dauer. Ich glaube, es ist immer wichtig, im Dialog zu bleiben, und Fernsehen ist eigentlich ein Massenmedium, das sehr viele Facetten von Ländern transportiert. Wir haben jetzt eine sehr spannende Phase gehabt mit sehr vielen Berichten über Katar, die alle nicht unbedingt schmeichelhaft für Katar waren. Der Mensch lebt nur einmal, und wenn er völlig Spaßbefreit und von Freude befreit lebt, ist es auch keine Lebensqualität.“

Das Gespräch mit Max Aufischer führte ORF-Steiermark-Chefredakteur Wolfgang Schaller.