Der Geigenbauer Edgar Russ baut die teuerste Geige der Welt.
APA/CRISTIAN PINIERI
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Kultur

Steirer baut wertvollste Geige der Welt

Selten – seltener – Osmium: Der Geigenbauer Edgar Russ widmet sich mit der Verarbeitung des seltenen Edelmetalls einem einzigartigen Projekt. Er fertigt mit 548 kristallinen Osmiumteilchen und 282 Edelsteinen die wertvollste neue Violine der Welt.

„Viele schlaflose Nächte“ habe dem erfahrenen Geigenbauer dieses Projekt gekostet. Schon eine „normale“ Geige zu bauen, sei eine Herausforderung – mit Osmium und Edelsteinen als Intarsien werde es noch um einiges heikler. Jedes einzelne Osmiumteilchen wurde eigens vom Osmium-Institut zur Inverkehrbringung und Zertifizierung zugeschnitten und mit einem QR-Code versehen.

„Wird eigenen Klang haben“

Auf den Klang der 35,4 Zentimeter großen Violine werden sich die dekorativen Elemente jedenfalls auswirken: „Was sein wird, ist, dass das Instrument einen eigenen Klang haben wird“, so Russ. Wie viele Stunden er daran gearbeitet habe, könne er so nicht sagen, „Tausende Stunden“ seien aber übertrieben. Aktuell werden die Einzelteile der Geige noch lackiert, ehe Edelsteine und Osmium verbaut und Bauteile zusammengefügt werden. Fertiggestellt soll die Violine voraussichtlich mit Ende Februar sein.

Neu entwickelte Geigenform

Für das Instrument entwickelte der in Cremona lebende Steirer ein eigenes Geigenmodell mit dem Akronym „EROS“ („Edgar Russ Osmium“). Diese neu entwickelte Geigenform – seine bisherigen Bauten basierten immer auf den Werken bekannter Geigenbauer wie Stradivari oder Guarneri – verspricht ein „extrem ausgewogenes, aber charaktervolles italienisches Klangbild“, das rauer und kräftiger sei. Ein besonderes Merkmal des Modells seien die langen C-Bügel, wodurch der obere Teil des Korpus verkleinert wird. Gleichzeitig wurden die unteren Ecken leicht nach unten versetzt, wodurch die Spielbarkeit erhöht werden soll. Vorab baute Russ zwei Prototypen, um den Klang zu testen.

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Perfektion ist „superlangweilig“

Abgesehen von Osmium, Brillanten, Rubinen, Saphiren und Tsavoriten wurden herkömmliche Materialien für den Geigenbau verwendet: Die Decke besteht aus Fichtenholz, bei Boden, Zargen und Hals mit Schnecke entschied sich der Geigenbauer für Ahorn; das Griffbrett wurde aus Ebenholz gefertigt. Beim Bau an sich legte Russ Wert auf eine gewisse „Imperfektion“: Es sei „superlangweilig“, „wenn eine Geige perfekter als perfekt ist“, weshalb er beispielsweise die Verzierungen am Rand ohne Vorlage mit bloßem Auge geschnitten habe.

Ein derartiges Projekt würde er jederzeit wieder realisieren: „Geigenbau ist kein Beruf, den man macht, um in Pension zu gehen“, betonte Russ. Auch sonst trifft der 57-Jährige den Puls der Zeit: Auf seinem Youtube-Kanal mit rund 16.000 Abos gibt er Einblicke in seine Arbeit – seine beliebtesten Videos haben sechsstellige Aufrufe.

Zustande gekommen sei das Projekt, als sich der ehemalige Schulkollege Karl Großschädl 2020 mit der Idee der Realisation einer Osmium-Violine bei Russ meldete: „Es war eine Herausforderung, die ich sofort interessant fand“, sagte dieser. Bereits 2011 hatte der Geigenbauer die teuerste neue Violine der Welt für den Sultan vom Oman gefertigt – bis zu dessen Tod 2020 war er aber an eine Verschwiegenheitserklärung gebunden. Gemeinsam mit Kurt Assam, dem Gründer von Osmium-Art und Freund von Großschädl, entwickelten die drei Österreicher das Kooperationsprojekt.

Noch kein Käufer

Noch hat die Violine weder einen Käufer noch einen offiziellen Ausrufpreis – dieser soll aber laut Assam mehrere Millionen Euro betragen, unter anderem weil Osmium um ein Vielfaches teurer als Gold sei. Interessenten für das Streichinstrument gebe es bereits aus dem asiatischen Raum. Nach der Präsentation der Geige, die voraussichtlich in Vaduz stattfinden soll, ist eine Promotiontour geplant – Städte wie Wien und Abu Dhabi seien bereits im Gespräch, so Assam.