Chronik

Steirer streamte Kindesmissbrauch auf Philippinen

Ein steirischer Ex-Pädagoge hat nach Erkenntnissen heimischer Ermittler mehrfach Kindesmissbrauch auf den Philippinen gestreamt. Außerdem hatte der 58-Jährige ein sexuelles Verhältnis mit seiner eigenen Tochter.

Auf die Spur des 58-Jährigen kamen die Ermittler über ein vermutlich irrtümlich gepostetes Foto auf dem Messengerdienst von Facebook: Das National Center für Missing and Exploited Children (NCMEC) in den USA stieß im September 2020 auf das Foto und gab es an die österreichischen Behörden weiter.

Social-Media-Plattformen wie Facebook, Google, Twitter, Snapchat usw. wenden sich an das NCMEC, wenn sie verdächtige Inhalte in ihren Diensten finden. Das NCMEC versucht dann, Hinweise auf die Herkunft des jeweiligen Inhalts herauszufiltern, und informiert die jeweiligen mutmaßlich zuständigen Landesbehörden.

„Der Fall ist ein gutes Beispiel, wie die NCMEC-Informationen zur Aufklärung eines Falles führen“, so Dieter Csefan, Leiter der Ermittlungsabteilung im Bundeskriminalamt. „Man sieht, dass nicht unbedingt einer, der 500 Fotos hat, gefährlicher ist als einer, bei dem man nur von einem Bild erfährt.“ 90 Prozent der Meldungen bezüglich österreichischer Missbrauchsstraftäter gelangen mittlerweile vom NCMEC an das Bundeskriminalamt.

Datenträger & „viele tausend Chatseiten“ sichergestellt

Im vorliegenden Fall deutete eine IP-Adresse auf einen Fall in Österreich hin, weiterführende Ermittlungen machten klar, dass es sich um einen Verdächtigen in der Steiermark handelte. Die Ermittlerinnen und Ermittler des Landeskriminalamtes (LKA) Steiermark beantragten bei der Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung – dabei wurden bei dem verdächtigen 58-Jährigen Datenträger sichergestellt, ein Sachverständiger war für die Erstellung eines Gutachtens schon dabei. Der Beschuldigte sagte zu diesem Zeitpunkt nichts zu dem Fall.

Schlag gegen Kindesmissbrauch

In der Steiermark ist ein neuer Fall von Kindesmissbrauch bekannt geworden. Ein 58-Jähriger soll, um an Aufnahmen zu gelangen, sexuellen Missbrauch an philippinischen Kindern veranlasst und dafür bezahlt haben.

Unter den sichergestellten Daten befanden sich auch „viele tausend Chatseiten“ – so die federführende Ermittlerin des LKA – in schlechtem Englisch, über die klar war, dass der Ex-Pädagoge Kontakte auf den Philippinen hatte. Überweisungen über Finanzdienstleister – insgesamt 250 mit einer Gesamtsumme von rund 20.000 Euro – wiesen ebenfalls auf die Kontakte hin. „40 davon haben wir konkreten Taten zuordnen können, sodass wir wussten, wofür genau er bezahlt hat“, erläuterte die Ermittlerin.

Verdächtiger gab im Livestream Anweisungen

Dabei ging es teilweise um Livestreaming von Kindesmissbrauch, wobei der Verdächtige offenbar Anweisungen gab, was die Mittäter auf den Philippinen den Kindern antun sollten, auch verlangte der 58-Jährige Videos von den Taten.

Für weiterführende Ermittlungen war es laut Polizei hilfreich, dass sich in den Chats auch private Informationen – zum Beispiel, dass ein bestimmtes Kind gerade Geburtstag feierte – fanden. Klar wurde in den sichergestellten Unterlagen auch, dass der Verdächtige in den Jahren 2017 bis 2019 dreimal selbst auf den Philippinen war, dort zumindest einen Kontakt getroffen und sich mit Kindern in einem Hotel aufgehalten hatte. „Was er mit den Kindern im Hotel gemacht hat, wissen wir nicht“, sagte die Kriminalistin.

Die heimischen Ermittler schalteten die für die Philippinen zuständige Verbindungsbeamtin ein, die sich wiederum mit dem National Bureau of Investigation in Manila zusammenschloss. Für die philippinischen Behörden wurden Infos mit möglichst präzisen Angaben dazu aufbereitet, wer die Kinder sind, wie alt sie sind, wann sie Geburtstag haben und Ähnliches mehr. Ansprechpartner war auch das Philippine Internet Crime Against Children Center (PICACC).

Acht Kinder gerettet

Letztlich wurden nach langwierigen Ermittlungen bei Einsätzen im November 2021 und März 2022 acht Kinder bzw. Jugendliche im Alter von neun bis 16 Jahren aus zwei Familienclustern in zwei jeweils etwa drei Stunden von Manila entfernten Provinzen gerettet. Zum Tatzeitpunkt waren die Betroffenen vier bis elf Jahre alt. Fünf Ausführungstäter wurden ausgeforscht, darunter eine Mutter, eine Großmutter und eine Tante – sie sollen den Missbrauch der Kinder organisiert haben.

Zwei von ihnen befinden sich derzeit in Haft, ihnen droht eine lebenslange oder eine zeitlich begrenzte Haftstrafe zwischen 30 Jahren und einem Tag sowie 40 Jahren. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, es geht um mögliche weitere Missbrauchsfälle in Zusammenhang mit diesen Opfern auch aus anderen Ländern. Dazu hoffen die Ermittler, weitere zehn Kinder identifizieren und retten zu können. Die acht Kinder wurden zum Teil in staatlichen, zum Teil in NGO-Betreuungseinrichtungen untergebracht.

Eigene Tochter sexuell missbraucht

Den steirischen Ermittlern zufolge bekam der ehemalige Pädagoge Kontakt zu seinen Komplizen auf den Philippinen über eine asiatische Datingplattform. Auf seinem beschlagnahmten Mobiltelefon fanden sich auch Fotos seiner Tochter, „die – sagen wir so – ein normaler Vater nicht von seiner Tochter hat“, berichtete die Kriminalistin. Es stellte sich in weiterer Folge heraus, dass der 58-Jährige über mehrere Jahre ein sexuelles Verhältnis mit seinem im Tatzeitraum 15- bis 21-jährigen Kind hatte.

Die zuständige Staatsanwaltschaft in der Steiermark arbeitet derzeit an der Anklage. Der ehemalige Pädagoge werde unter anderem der Anstiftung zum schweren sexuellen Missbrauch, der Blutschande und des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses beschuldigt werden. Er befindet sich mittlerweile auf freiem Fuß, wurde aber für rund ein halbes Jahr in Untersuchungshaft genommen. Nachdem im Zuge der Hausdurchsuchungen sein Mobiltelefon beschlagnahmt worden war, hatte er sich ein anderes Handy, aber mit derselben Nummer, beschafft und seine Kontakte auf den Philippinen zu warnen versucht.

„Es lag psychische Erkrankung vor“

„Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Nach dem Einlangen des Abschlussberichts der Kriminalpolizei haben wir noch ein psychiatrisches und psychologisches Gutachten in Auftrag gegeben“, so Staatsanwalt Christian Kroschl. Das Gutachten habe ergeben, „dass der zu den Tatzeitpunkten zurechnungsfähige Beschuldigte sehr wohl an einer psychischen Erkrankung leidet und aufgrund dieser Erkrankung die Gefahr besteht, dass er gleiche oder ähnliche strafbare Handlungen begehen könnte, weshalb vom Sachverständigen die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher empfohlen wird.“

Karner kündigt Sonderbereich an

„Der sexuelle Missbrauch von Kindern gehört zu den brutalsten Formen von Gewaltkriminalität. Das vor wenigen Wochen vorgestellte Maßnahmenpaket wird auch den Umfang der Ermittlungsbefugnisse erweitern und den Ermittlerinnen und Ermittlern stärkere Werkzeuge in die Hand geben“, so Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

„Die derzeit laufende Kriminaldienstreform setzt im Bereich des konsequenten Vorgehens gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern einen Schwerpunkt. In Zukunft wird in jedem Landeskriminalamt ein Sonderbereich für Online-Kindesmissbrauchsdelikte eingerichtet werden. Daneben werden auch die technischen Möglichkeiten für effiziente Ermittlungen entsprechend erweitert“, so Gerhard Karner.

BK-Direktor Andreas Holzer betonte am Freitag, dass sich kein Täter seiner „vermeintlichen Anonymität im Internet sicher sein“ solle: „Im gegenständlichen Fall zeigt sich ganz klar, dass wir sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene rigoros gegen das Verbrechen vorgehen.“