Miete
ORF.at/Dominique Hammer
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Wirtschaft

Wohnkostenbeihilfe: „Vertane Chance“

Die Mietpreisbremse, über die seit Monaten debattiert worden ist, kommt nicht – stattdessen sollen 250 Millionen Euro als Wohnkostenbeihilfe ausbezahlt werden. Kritik hagelt es von vielen Seiten.

Die in der Koalition von den Grünen forcierte Mietpreisbremse scheiterte am Widerstand der ÖVP. Stattdessen werden nun konkret nochmals als Wohnkostenhilfe 250 Millionen Euro lockergemacht, davon 25 Millionen als Aufstockung für den „Wohnschirm“ gegen Delogierungen – mehr dazu in Wohnkostenbeihilfe statt Mietpreisbremse (news.ORF.at).

„Eine fatale Sache“

Beim Mieterschutzverband spricht man von einer vertanen Chance; auch der Steuerzahler werde jetzt zur Kasse gebeten, sagt die Bundesobfrau des Mieterschutzverbandes, die Steirerin Barbara Walzl-Sirk: „Wir finden es sehr bedauerlich, dass es nicht zu dieser Mietpreisbremse gekommen ist, weil somit natürlich diese Erhöhung vor allem für die Richtwertmietzinse sehr schlagend werden wird. An und für sich finden wir, dass das eine fatale Sache ist, und man wird sehen, wie weit der Steuerzahler da jetzt insgesamt belastet wird, weil ja natürlich dieser Topf, der wieder zur Verfügung gestellt wird, jetzt wieder aus den Steuereinnahmen zu finanzieren sein wird. Und wir können natürlich gespannt sein, wie diese Beihilfen
konkret ausfallen werden – da gibt es derzeit noch keine konkreten Vorgaben.“

„Derzeit alles offen“

Bei der Wohnkostenbeihilfe handelt es sich um eine Einmalzahlung, die, so Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), aktiv beantragt werden müsse. Er riet: „Nützen Sie diese Möglichkeit!“ Die Beihilfe sei „kein Almosen“, es bestehe ein Rechtsanspruch darauf. ÖVP-Klubchef August Wöginger bezifferte die durchschnittliche Höhe mit rund 200 Euro, etwa eine Million Haushalte im unteren Einkommensviertel würden sie beantragen können. Die Einkommensgrenzen legten die Bundesländer, die Wohnkostenbeihilfe auch auszahlen, fest.

„Da wird man gespannt sein, welche Kriterien ausschlaggebend sein werden und wer vor allem das bekommt. Wird es dann von der Familiengröße abhängig sein? Wird es von der Einkommensgröße abhängig sein? Wird es davon abhängig sein, ob jemand derzeit schon eine Wohnungsunterstützung bekommt? Das ist alles derzeit noch offen“, so Walzl-Sirk.

Inflation wird weiter angeheizt

Aus ihrer Sicht wäre die Mietpreisbremse eine nachhaltigere Lösung, „weil ja natürlich mit einer 8,6-prozentigen Erhöhung auch die Inflation weiter angeheizt wird. Aber wir geben natürlich auch zu bedenken: Auch wenn es zu dieser Erhöhung kommt, liegt es am jeweiligen Vermieter, ob er diese Erhöhung
auch tatsächlich an die Mieter weitergeben wird oder nicht“.

Positiv sieht die Bundesobfrau des Mieterschutzverbandes lediglich den Wohnkostenschirm: 25 Millionen Euro sollen verhindern, dass jemand delogiert wird, weil er die Miete nicht zahlen kann. „Das ist ein positives Signal, dass hier wirklich Leuten unter die Arme gegriffen wird, die es dringend notwendig haben“, so Walzl-Sirk.

Riesensauerei", „zynische Almosenpolitik“, „Schande“

Aber auch von anderen Seiten hagelt es Kritik: Die Arbeiterkammer spricht von einer „Riesensauerei“ und „von fauler Kosmetik statt von echter Hilfe“, der ÖGB von einem „schwachen Kompromiss“ – er fordert einen „vollen Mieten-Stopp“.

Von der SPÖ heißt es, die Regierung habe die Chance, die Preise für große Teile der Bevölkerung zu stabilisieren, ohne einen Cent Steuergeld in die Hand zu nehmen, vertan – das sei eine „13. Monatsmiete für Tausende Haushalte“, so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried.

Die Freiheitlichen sprechen von einer „zynischen Almosenpolitik“ der Bundesregierung: Diese Lösung bringe eine Doppelbelastung für den Mittelstand, sagt FPÖ-Landeschef Mario Kunasek.

Von der steirischen KPÖ heißt es, diese „Umverteilung von unten nach oben sei schlicht eine Schande“. Die Stadt Graz kündigte unterdessen an, die Mieten in den Gemeindewohnungen am 1. April nur um zwei Prozent zu erhöhen, bis 2026 sollen sie um weitere insgesamt vier Prozent erhöht werden – mehr dazu in Graz erhöht Gemeindebau-Miete nur um zwei Prozent.

Auf Treffsicherheit bei der Wohnkostenhilfe pocht wiederum NEOS: Es müsse gezielt denen geholfen werden, die die Unterstützung auch brauchen. „Hilfen mit der Gießkanne und wie bisher lehnen wir ab, ebenso Einmalzahlungen, die in Zeiten hoher Inflation nicht nachhaltig helfen“, so NEOS-Wohnsprecher Johannes Margreiter.