Wolfsaugen
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Chronik

Wolfsschutz: Landespolitik uneins

Die Wolfssichtung in Pernegg im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag am Wochenende sorgt weiter für Unruhe. Vertreter der Viehbauern fordern, dass zumindest Problemwölfe durch Jäger „entnommen“, also geschossen werden dürfen. In der Landespolitik herrscht hier Uneinigkeit.

Die Sichtung des Wolfes – mehr dazu in Wolf war in Pernegg an der Mur unterwegs – weckt Erinnerungen an jenen Wolf, der vor etwa einem Jahr bei Neumarkt im Bezirk Murau gesichtet wurde und dort Wild gerissen hat – mehr dazu in Neuerliche Wolfssichtung verunsichert Bauern (26.4.2022).

Bauern machen gegen Wolf mobil

„WolfStopp – Initiative zur Regulierung des Wolfsbestandes“: Unter diesem Titel startet Mitte April im Ausseerland eine Kampagne. Gemeinsam mit „WolfStopp“ luden die Stadtgemeinde Bad Aussee und die Liezener Bezirkslandwirtschaftkammer zu einem Krisentreffen: Man befürchte, dass Wölfe etwa in Kärnten vertrieben werden und vermehrt in der Steiermark Nutzvieh wie etwa Schafe reißen.

Eine Sorge, die auch Horst Jauschnegg, der Chef des Bereichs Tierzucht in der steirischen Landwirtschaftskammer, teilt: „Aus Sicht der Landwirtschaftskammer sehen wir dringenden Handlungsbedarf auf allen Ebenen, weil so, wie es bisher gelaufen ist, auch relativ rasch die Steiermark von massiven Wolfsrissen betroffen sein könnte.“

Andere Bundesländer haben „lockerere“ Regelungen

In Tirol, Kärnten und Niederösterreich wurden schon weniger strenge Regelungen getroffen – dort können Problemwölfe, wie es heißt, entnommen werden. Dass etwas getan werden muss, ist für Jauschnegg klar, denn Entschädigungen bei Wolfsrissen seien zu wenig: „Es gibt schon Regelungen für Entschädigungen, nur aus Sicht der Landwirte ist es unbefriedigend: Es kann ja nicht das Ziel sein, ein Tier aufzuziehen, damit es dann der Wolf frisst.“

Seitinger für Nachbesserungen …

Agrarlandesrat Hans Seitinger (ÖVP) unterstützt die Forderung der Almbauern: „Jedenfalls ist hier nachzubessern. Es ist dringend erforderlich, dass wir Wölfe, die Nutztiere reißen und ihnen unvorstellbares Leid verursachen, entnehmen dürfen. Daher bitte ich auch meine zuständige Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ, Anm.), hier einen Weg zur Entnahme einzuschlagen, zu eröffnen, der ähnlich wie in anderen Bundesländern uns die Chance gibt, einen gangbaren Weg zu finden.“

… Lackner dagegen

Die von Seitinger angesprochene Naturschutzlandesrätin Lackner verwies auf die weit geringere Zahl von Rissen im Vergleich zu etwa Kärnten und will bei den bestehenden Maßnahmen bleiben, „weil ich schon darauf hinweisen muss, und ich bin für den Naturschutz zuständig: Der Wolf ist ein EU-weit streng geschütztes Tier, und die Rückkehr des Wolfes bringt natürlich Konfliktpotenzial. Aber da haben wir uns in den letzten Jahren gut committet auf einen Managementplan, der uns bisher auch gut begleitet hat und den wir gut zur Anwendung bringen konnten.“

Technischer Weideschutz teuer, aber nicht unmöglich

Dieser Plan sehe etwa auch einen Abschuss von Problemwölfen vor, falls andere Maßnahmen wie Vergrämen mit Gummigeschossen nicht helfen. Auch müsse man weiter auf Schutzzäune setzen. Landesrat Seitinger sagte dazu aber: „Das ist einfach technisch unmöglich. Wenn wir hier Tiere einzäunen, muss man auch wissen, dass wir dann andere Tiere – Wildtiere – und auch Touristen auszäunen.“

Ähnlich auch Jauschnegg weiter: „Insbesondere auf den Almen ist Herdenschutz nicht möglich, technisch ganz, ganz schwierig und wirtschaftlich absolut unmöglich. Es ist viel zu teuer. Es ist niemand bereit, diese Kosten zu übernehmen.“

Zumindest in Tallagen sei technischer Weideschutz durch verbesserte Elektrozäune allerdings möglich, sagte Reinhard Huber – er forscht an Weideschutz an der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Raumberg Gumpenstein: „Es gibt Weiden, die im Talgebiet sowieso eingezäunt sind, diese gilt es nur zu verbessern, dass die dann auch wolfsabweisend sind.“ 40 Prozent der Wolfrisse auf Weiden seien in Tallagen zu verzeichnen.

Auch EU-Kommission zum Handeln aufgefordert

Neben neuen steirischen Regelungen für Problemwölfe forderte Jauschnegg auch die EU-Kommission auf, den strengen Schutz des Wolfes herabzusetzen – dementsprechende Initiativen im EU-Parlament gebe es schon.