Medizin-Aufnahmetest in der Stadthalle
APA/ERWIN SCHERIAU
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Bildung

Med-Unis gegen mehr Studienplätze

Es gebe nicht zu wenige Ärzte, sondern ein Verteilungsproblem, sagen die Rektoren der Medizinischen Universitäten. Sie sprechen sich gegen mehr Studienplätze aus und sehen die Qualität der Ausbildung in Gefahr.

Die zunehmenden Versorgungsprobleme in manchen Spitälern bzw. Engpässe bei Kassenordinationen bestimmter Fachrichtungen haben für die Rektoren der Medizinuniversitäten nichts mit einem Ärztemangel, sondern mit einem Verteilungsproblem zu tun.

Ein Ausbau der Studienplätze sei als Gegenmaßnahme deshalb sinnlos, würde aber die Qualität von Ausbildung und Studium und auch die Österreicherquote beim Aufnahmeverfahren gefährden, warnten sie bei einem Hintergrundgespräch.

Mehr Plätze in der Ausbildung sind „sinnlos“

Dass in den 1960ern bei 11.000 Ärzten noch vor einer Ärzteschwemme gewarnt wurde und man nun bei über 48.000 von einem Ärztemangel rede, nannte Medizin-Uni-Graz-Rektor Hellmut Samonigg „absurd“: Die Ärzte seien offensichtlich nicht dort, wo man sie brauche.

Die Forderung nach mehr Ausbildungsplätzen sei zur Lösung der aktuellen Probleme jedoch sinnlos, dauere es doch 13 Jahre, bis jemand zum Facharzt ausgebildet ist. „Das ist schlichtweg ein Ablenkungsmanöver.“ Ohne echte strukturelle Maßnahmen im System, die etwa die Abwanderung von Spitalsärzten in das Wahlarztsystem stoppen, drohe allerdings ein „Erdbeben“.

Problem entsteht bei Verteilung

Vor allem aus den Ländern kommt regelmäßig der Ruf nach zusätzlichen Anfängerplätzen. Zuletzt hat sich auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in seiner Rede „zur Zukunft der Nation“ für eine Aufstockung ausgesprochen, um die Versorgung mit Kassenärzten sicherzustellen.

Die Versorgungsmängel würden durch Probleme bei der Verteilung entstehen, etwa zwischen Stadt und Land sowie Mangel in bestimmten Fachrichtungen. Gleichzeitig leide das System darunter, dass es deutlich weniger Pflegepersonal gebe als etwa in Deutschland oder der Schweiz, so der Rektor der Medizin-Uni Wien, Markus Müller.

„Lokalpolitische Dinge zurückdrängen“

Als Gegenmaßnahmen plädierte Müller u. a. für mehr Administrativkräfte, damit Ärzte etwa nicht mehr ihre Zeit damit verbringen, freie Betten für Patienten zu suchen. Bei den Pflegekräften brauche es ebenfalls mehr Personal, das werde ohne Zuzug nicht gehen. Auch auf der Angebotsseite könnte man einiges ändern, sagte er mit Verweis auf das „sehr spitalslastige“ System.

Samonigg wiederum plädierte dafür, „ganz stark standes- oder lokalpolitische Dinge“ zurückzudrängen: Es sei nicht nachvollziehbar, wenn in manchen Häusern Personal fehle, während andere überhaupt nicht ausgelastet seien, nur weil es „an jeder Ecke“ ein Spital gebe.

Studienanfänger erhöhen „nicht die Lösung“

Kein Teil der Lösung ist für die Medizin-Uni-Rektoren jedenfalls die Zahl der Studienanfänger: Österreich bilde schon jetzt deutlich mehr Jungärzte aus als die Nachbarländer, rechnete Müller vor – 1.850 Anfängerplätzen pro Jahr stünden in der ähnlich großen Schweiz 1.300 und im zehnmal so großen Deutschland 12.000 gegenüber. Bis 2028 soll die Zahl an den öffentlichen Unis (Medizin-Unis Wien, Graz, Innsbruck, Medizin-Fakultät der Uni Linz) auf 2.000 Anfängerplätze steigen – das ist für Müller „gerade noch qualitativ vertretbar“, reize allerdings die Leistungsfähigkeit der Unis aus.

Dazu kommt laut Samonigg, dass überhaupt nicht alle Medizinabsolventen nach dem Abschluss als Ärzte arbeiten, sondern etwa auch in der Forschung.