ABD0066_20230603 – LINZ – …STERREICH: Der Traiskirchener BŸrgermeister Andreas Babler wŠhrend seiner Rede am Samstag, 03. Juni 2023, im Rahmen eines au§erordentlichen Bundesparteitages der SP… in Linz. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
APA/GEORG HOCHMUTH
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Politik

Babler statt Doskozil SPÖ-Chef

Am SPÖ-Bundesparteitag sind die Stimmen vertauscht worden. Das gab am Montag die Vorsitzende der Wahlkommission, Michaela Grubesa, bekannt. Andreas Babler erhielt die meisten Stimmen.

Mit 317 Stimmen bzw. 52,66 Prozent gewann Babler die Wahl. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil erhielt 280 Stimmen, das entspricht 46,51 Prozent. Laut Grubesa wurden nicht die Stimmen falsch ausgezählt, sondern die Ergebnisse vertauscht – es handle sich daher um einen technischen Fehler.

„Das Ergebnis wurde umgedreht“

Der Fehler sei bei der Übertragung in eine Excel-Tabelle passiert. Die Listen aus den Wahlurnen seien zusammengeführt und in das System eingespeist worden. Dabei sei der Fehler geschehen: „Das Ergebnis wurde umgedreht“, so Grubesa. Dass es überhaupt zur Neuauszählung Montagnachmittag kam, hängt damit zusammen, dass beim offiziell verkündeten Ergebnis eine Stimme fehlte. Diese wurde gefunden und war ungültig – gleichzeitig wurde entdeckt, dass die Stimmen falsch zugeordnet worden waren.

Grubesa gab Fehler zu

Grubesa geht laut eigenen Angaben nicht davon aus, dass der Parteitag wiederholt werden muss: „Aus meiner Sicht ist der ganze Prozess belegbar.“ Das sei letztlich aber Sache der Gremien. Die Vorsitzende der Wahlkommission entschuldigte sich, die Wahlkommission habe es verabsäumt, persönlich eine Kontrolle vorzunehmen – auch Grubesa selbst. Allen voran richtete sie ihre Entschuldigung an Doskozil – mehr dazu in Babler statt Doskozil SPÖ-Chef (news.ORF.at).

Babler für nochmalige Überprüfung der Stimmen

Andreas Babler forderte am Montag eine neuerliche Überprüfung der Stimmen. Sollte sich das nun auf dem Tisch liegende Ergebnis bestätigen, dann werde er das Amt des neuen Parteischefs übernehmen und unverzüglich damit beginnen, „am Comeback der Sozialdemokratie“ zu arbeiten.

Stellungnahme von Andreas Babler

Nachdem darauf Doskozil seinen Rückzug aus der Bundespolitik verkündet hatte, trat am Abend Babler vor die Kameras – er will die nochmalige Überprüfung der Stimmen.

Die von ihm eingeforderte neuerliche Überprüfung sei bereits angelaufen, wie Babler bei seinem kurz gehaltenen Auftritt erwähnte. Er selbst sei am Nachmittag von der Vorsitzenden der Wahlkommission, Michaela Grubesa, über den Fehler informiert worden. „Ganz wichtig“ sei Babler zufolge nun, „dass hier keine Fragezeichen bleiben“ und „völlige Transparenz“ – mehr dazu in Babler will Auszählung neu prüfen (news.ORF.at).

Doskozil: „Kein angenehmer Tag“

Hans Peter Doskozil bezeichnete in einer ersten Stellungnahme das Auszählungsdebakel als „Tiefpunkt für die österreichische Sozialdemokratie“. Das Ergebnis, das nun „auf dem Tisch pickt“ sei das Ergebnis eines Parteitages von Delegierten: „Da brauchen wir gar nicht daran zu rütteln“, so Doskozil. Es sei unbestritten das Ergebnis so zur Kenntnis zu nehmen, es sei ein „richtiges Ergebnis“. Es sei „kein angenehmer Tag“, aber Wahlergebnisse müsse man zur Kenntnis nehmen. Doskozil wolle auf niemanden mit dem Finger zeigen.

Statement von Hans Peter Doskozil

Hans Peter Doskozil nimmt zum Auszählungsdebakel seiner Partei Stellung. Er nimmt das Ergebnis zu Kenntnis und schließt das Kapitel Bundespolitik für sich damit ab.

Doskozil gratulierte zum Gewinn der Wahl. Ab dieser Stunde müsse daran gearbeitet werden, die Sozialdemokratie wieder aufzurichten und zuzusehen, Wahlen zu gewinnen, nun solle man nicht den Kopf in den Sand stecken. „Es wird genug Häme und genug Spott geben, das müssen wir uns auch gefallen lassen, aber es wird auch wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie geben.“ Das Kapitel Bundespolitik sei für Doskozil „ein für allemal abgeschlossen“ – mehr dazu in Doskozil schließt Kapitel Bundespolitik (news.ORF.at).

Noch keine Stellungnahme von Anton Lang

Der steirische SPÖ-Chef Anton Lang wollte zu den aktuellen Entwicklungen noch nichts sagen. Der steirische Baugewerkschafter Josef Muchitsch ist fassungslos: „Es macht betroffen und einfach nur sprachlos. Es ist für mich in dieser jetzigen Situation nicht nachvollziehbar.“

Leichtfried: „Tiefpunkt für Sozialdemokratie“

Der stellvertretende Klubchef der SPÖ, der Steirer Jörg Leichtfried, schrieb auf Twitter von einem „Tiefpunkt für die Sozialdemokratie“. Man könne „nur um Entschuldigung bitten für das Bild, das die SPÖ abgibt“. Leichtfried gratulierte Babler zur Wahl. „Auf ihn und auf uns alle wartet viel Arbeit. Österreich braucht eine starke Sozialdemokratie!“

Gratulation von Parteikollegen

Auch andere Parteikolleginnen und -kollegen gratulierten Andreas Babler bereits auf Twitter – allen voran der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). „Ich gratuliere Andi Babler. Er ist ein engagierter, dynamischer Sozialdemokrat“, so Ludwig.

Andere zeigten sich überrascht. „Ich gratuliere Andreas Babler herzlich“, twitterte Altkanzler Christian Kern (SPÖ). Jedoch bestätige das alles, „dass man es in der Politik nicht so dumm denken kann, wie es hinterher kommt“.

Babler 13. SPÖ-Parteichef

Der Traiskirchner Bürgermeister Babler ist durch diese Korrektur der 13. Parteichef der SPÖ: Vor Babler gab es bisher elf männliche und mit Pamela Rendi-Wagner eine weibliche Vorsitzende. Rendi-Wagner trat beim Sonderparteitag am Sonntag, dem 3. Juni, nicht mehr an, nachdem sie in der Mitgliederbefragung um Obfrauschaft und Spitzenkandidatur nur auf Platz drei hinter Doskozil und Bürgermeister und Bundesrat Babler gelandet war.

Am längsten im Amt in der Geschichte der österreichischen Sozialisten bzw. Sozialdemokraten war Bruno Kreisky mit mehr als 16 Jahren. Dahinter folgt Adolf Schärf, der nach dem Zweiten Weltkrieg zwölf Jahre an der Spitze stand. Kürzestdienender SPÖ-Vorsitzender ist Christian Kern mit seinen gut zwei Jahren im Amt. Unter einer vierjährigen Periode blieb sonst nur noch Viktor Klima.